meditaxa 111 | November 2024 9 LEITARTIKEL Erlaubnis, bei Pfl icht zur Auskunftserteilung und mit Einwilli- gung des Patienten offenlegen (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB), sonst liegt ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepfl icht vor. Denn grundsätzlich besteht eine Verschwiegenheitsverpfl ichtung gegenüber Krankenkassen, dem MD und anderen Behörden. Häufi g angeforderte Informationen von Krankenkassen: • Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzung, Art und Umfang der Leistung • Einleitung von Rehabilitationsleistungen • In bestimmten Fällen bei Arbeitsunfähigkeit Fehlt es bei formlosen direkten Anfragen der Krankenkas sen an einer Rechtsgrundlage, ist die Aushändigung zu ver weigern. Zudem ist es bei der schrift lichen Zurückweisung ratsam, darauf hinzuweisen, dass nach Rechtsauff assung des Bundesbeauft ragten für den Datenschutz* Krankenkassen nicht berechtigt sind, Detailberichte zu Kranken und Be handlungsdaten für sich selbst anzufordern, selbst dann nicht, wenn die betroff ene Person zugestimmt hat. Dadurch würden eindeutige gesetzliche Regelungen unterlaufen werden. Begutachtung durch den MD Anders verhält es sich, wenn die Krankenkasse im Anschrei ben den Grund für die Begutachtung durch den MD nennt und einen bereits vollständig ausgefüllten Weiterleitungs bogen (Muster 86) zusendet, der unter anderem die Anschrift des MD, eine Vorgangsnummer und die Daten der Patientin oder des Patienten enthält. Das Muster 86 dient sowohl der richtigen Adressierung an den zuständigen MD, als auch der internen automatisierten Zuordnung der übermittelten Un terlagen zur versicherten Person beim MD. HINWEIS Patientenunterlagen im Vorfeld nur zur Abklärung anzufordern, ob der MD einzuschalten ist, ist unzulässig. Auch hier ist die Aushändigung an die fordernde Krankenkasse zu verweigern. Für Vertragsärzte ist das Muster 86 verbindlich, die angefor derten Unterlagen werden in Kopie beigefügt und direkt an den MD geschickt. Für den Versand der Unterlagen an den MD stellt die Krankenkasse Ärzten einen Freiumschlag im verbindlichen Format C5 zur Verfügung. Das Muster 86 ist nur dann nicht verbindlich, wenn die An forderung direkt durch den MD erfolgt, oder die notwen digen Informationen für eine korrekte Adressierung und Zuordnung anderweitig vorliegen. Aber auch hier gilt: Der MD muss bei seiner Anfrage die Rechtsgrundlagen für seine Auskunft sberechtigung und die Auskunft sverpfl ichtung der Vertragsärzte angeben. Zusätzlich muss dargelegt werden, zu welchem Zweck die erbetene Auskunft im Rahmen der Auf gabenerfüllung benötigt wird. Auch hierfür erhalten Ärzte einen adressierten Freiumschlag zur Übersendung. Weitere Auskunft sverpfl ichtungen von Ärzten ergeben sich aus den verschiedenen Sonderverträgen – z. B. aus Disease ManagementProgrammen, der Hausarzt oder integrierten Versorgung – und sind den jeweiligen Verträgen zu entneh men. Darüber hinaus stehen Ärzte, Einrichtungen und Kran kenhäuser, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilneh men, nach § 294a SGB V in der Pfl icht, entsprechende Daten an die Krankenkassen zu übermitteln, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass Versicherte sich eine Krankheit vorsätzlich oder bei von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Verge hen oder durch eine medizinisch nicht indizierte Schönheits operation oder Arten von BodyModifi cation (Tattoo, Pier cing, etc.) zugezogen haben. Auch bei dem Verdacht, Patienten könnten Opfer einer Straft at geworden sein, es könnte eine Be rufskrankheit oder ein Arbeitsunfall vorliegen, sind Ärzte zur Auskunft verpfl ichtet, damit Krankenkassen ihrerseits einen möglichen Regressanspruch gegenüber Dritten prüfen können. HINWEIS Bei Misshandlungen, Vernachlässigung oder Sexualstraftaten besteht – im Rahmen der Abrechnung – seit 2017 keine Mittei- lungspfl icht mehr gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen. § 294a Absatz 1 Satz 2 SGB V regelt den besonderen Schutz von Betroffenen und der ärztlichen Schweigepfl icht. Bei volljährigen Versicherten ist eine Mitteilung an die Krankenkasse gestattet, wenn die betroffene Person ausdrücklich zugestimmt hat. Zusammenfassend können Ärzte die Auskunft verweigern, wenn Krankenkassen Informationen: • auf nicht vereinbarten oder individualisierten Vordrucken anfordern, • ohne Nennung der Rechtsgrundlage oder anderer Rechts- vorschriften anfragen, • ohne Angabe einer Vergütung erbitten. Hier ist die Auskunft spfl icht geboten: • wenn vereinbarte Vordrucke vorliegen. • Der MD benötigt Auskünfte zur Erfüllung seiner Pfl ichten in Bezug auf Begutachtung und Beratung nach §§ 275, 276 SGB V, § 62 BMV-Ä. • Die Krankenkasse fordert Informationen ein bei Verdacht auf Berufskrankheit, Arbeitsunfall oder drittverschuldeten Gesundheitsschäden nach § 294a SGB V. • Im Rahmen der Abrechnung und Abrechnungsprüfung nach § 295 SGB V der Kassenärztlichen Vereinigung. • Nach ausdrücklicher, schriftlicher Entbindung von der ärzt- lichen Schweigepfl icht durch Patienten und nur bezogen auf den konkreten Einzelfall. *19. Tätigkeitsbericht 2001 und 2002 des Bundesbeauft ragten für den Datenschutz, S. 22, 1.13 INFOS UND LINKS DER KBV Vordruckvereinbarungen und -erläuterungen: kbv.de/html/bundesmantelvertrag.php Übersicht vereinbarter Vordrucke: kbv.de/html/formulare.php meditaxa Redaktion/Quellen: kbv.de, SGB V, blaek.de, kvno.de