meditaxa 113 | Mai 2025 9 LEITARTIKEL Ausnahmen von der Erleichterung bestehen konkret im Bau-, Gaststätten-, Beherbergungs-, Personenbeförderungs-, Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistik- gewerbe sowie im Schausteller-, Gebäudereinigungs-, Prosti- tutions-, Wach-, Sicherheitsgewerbe und in Unternehmen der Forstwirtscha , des Messebaus und der Fleischwirtscha . Für diese Wirtscha szweige, in denen laut § 2a Abs. 1 Schwarz- arbeitsbekämpfungsgesetz bei der Arbeit ein Personalausweis o. ä. mitgeführt werden muss, hält der Gesetzgeber auch weiter hin am Nachweis in Schri form fest und ein Vertrag in Textform genügt nicht als Nachweisersatz. Auch außerhalb des NachwG gibt es Schri formerfordernisse im Arbeitsrecht, die zu beachten sind: Befristete Arbeitsver- träge müssen in Schri form geschlossen werden, sonst ist die Befristung unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht über den Beendigungszeitpunkt fort. Nach dem Bürokratieent- lastungsgesetz besteht nur die Befristung zum Renteneintritt, die nun in Textform zulässig ist, als Ausnahme. WICHTIG Die Erleichterungen zur Schriftform gelten nur für Vertrags- abschlüsse – für Beendigungen ist die Schriftform weiter- hin zwingend zu wahren. Erfolgen Kündigungen und Auf- hebungsverträge nicht schriftlich, sind sie unwirksam. Eine Besonderheit: Nachtrags- und Zusatzvereinbarungen und die Schri formklausel Im Laufe eines Arbeitsverhältnisses ändern sich häufi g die Umstände und mit ihnen die Arbeitsvertragskonditionen – Gehaltserhöhungen, Boni, Dienstwagen oder -fahrrad, der Wechsel von Arbeit in Teil- oder Vollzeit. Der Arbeitsvertrag, auch der stillschweigend geschlossene, ist als Gesamtheit aller Vereinbarungen zwischen den Parteien zu den Konditionen zu verstehen. Diese Vereinbarungen können in beidersei- tigem Einverständnis geändert werden. Hierunter fallen auch Zusatzvereinbarungen, die wie der Vertragsschluss formfrei möglich sind. HINWEIS Verträge enthalten oft Klauseln, wonach Änderungen nur in Schriftform möglich sein sollen. Grundsätzlich gilt es bei Änderungsvereinbarungen jeder Art vertraglich vereinbarte Formvorschriften einzuhalten, sodass eine Schriftform klausel einer digitalen Änderungsvereinbarung im Wege stehen könnte. Allerdings gelten Regelungen in Arbeitsverträgen, die nicht individuell ausgehandelt worden sind, als Allgemei- ne Geschäftsbedingungen im Rechtssinne und unterliegen einer strengen Kontrolle. Vor allem bestimmt § 305b BGB den sog. Vorrang der Individualabrede – eine individuell ausge- handelte Vereinbarung kann nicht an einer einseitig vorgege- benen Regelung scheitern. Schri formklauseln sind i. d. R. nicht Gegenstand von Ver- tragsverhandlungen wie z. B. Gehälter oder Arbeitszeiten und sollten keine Auswirkungen auf Nachträge haben. Eine Schri formklausel, die den Vorrang von Individualabreden im Rahmen der Vertragsverhandlung in ihrer Formulierung nicht berücksichtigt, ist bereits deswegen unwirksam, weil sie eine falsche Rechtslage wiedergibt und damit intransparent ist – gleiches gilt für vertragliche Schri formklauseln einer digital geschlossenen Nachtragsvereinbarung. Schri formklauseln in Tarifverträgen oder Betriebsvereinba- rungen unterliegen von Gesetzes wegen nicht den Kontroll- mechanismen für Allgemeine Geschä sbedingungen und treten daher auch nicht gegenüber Individualvereinbarungen zurück. Findet ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinba- rung Anwendung, und enthält diese eine Vorgabe, Vertrags- änderungen in Schri form zu vereinbaren, so ist diese zwin- gend zu beachten. Fazit Dem digitalen Arbeitsvertrag stand und steht nichts im Weg – nur die Pfl ichten nach dem NachwG legten es nahe, einen Vertrag schri lich und persönlich unter- schrieben im Original abzuschließen, da so ein weite- rer Nachweis der vereinbarten Arbeitsbedingungen in Schri form entbehrlich wurde. Die neue Rechtslage erlaubt den Nachweis in Textform (bzw. den Vertrags- schluss in Textform als Nachweisersatz), die auf digi- talem Wege ohne weiteres einzuhalten ist. Verlangen Arbeitnehmer einen Nachweis in Schri form, ist die- ser nach dem NachwG auszuhändigen. Dies gilt zu- mindest für Wirtscha sbereiche, die nicht anfällig für Schwarzarbeit sind. Besondere Schri formerforder- nisse, insbesondere bei befristeten Arbeitsverträgen, sind aber auch weiterhin zu beachten. Gleiches gilt für vertraglich vereinbarte Formerfordernisse, wobei eine solche Klausel o unbeachtlich sein wird, wenn sie nicht Gegenstand von individuellen Vertragsverhand- lungen war. Etwas anderes gilt für Formklauseln in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Und auch die Vertragsbeendigung, sei es durch Kündigung oder Au ebungsvertrag, hat stets zwingend in Schri form zu erfolgen. Wichtig ist beim digitalen Vertragsschluss, diesen aus- reichend zu dokumentieren, um in etwaigen Streitig- keiten nachweisen zu können, worauf sich die Parteien genau verständigt haben. * Den vollständigen Umfang der Nachweispfl icht können Sie in § 2 NachwG nachlesen. Die Regelung ist im Internet abru ar unter https://www.gesetze- im-internet.de/nachwg/__2.html meditaxa Redaktion | Quelle: drpa, RA Andreas Köhler