Das deutsche Immobilienvermögen inkl. Bodenwert der bebauten Flächen beläuft sich aktuell auf mehr als 10 Billionen Euro. Für ein Investment sind häufig die steuerlichen Aspekte ausschlaggebend: Vom Erwerb über das Halten bis zur Übertragung beeinflussen sie am stärksten den Lebenszyklus einer Immobilie.
Kerstin Claußen, Steuerberaterin bei der DELTA Steuerberatungsgesellschaft mbH, klärt auf, was Immobilienbesitzer beachten sollten und welche steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten ein Investment mit sich bringt.
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Nutzungszwecke
Eigene Wohnzwecke: Die steuerlichen Effekte sind vorerst gering. Bei beruflicher Mitbenutzung (häusliches Arbeitszimmer) können steuerliche Mitnahmeeffekte erzielt werden.
Eigenbetriebliche Zwecke: Im Rahmen der selbständigen Einkünfte wird die Immobilie erfasst, also kostenmäßig steuerlich
berücksichtigt.
Fremde Wohnzwecke: Bei Vermietung werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt. Leistungen über die reine Vermietung hinaus – Mobiliarbereitstellung, Bewirtung, o. ä. – führen zu gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG und es kann Gewerbesteuer anfallen.
Fremdbetriebliche Zwecke: Auch hier werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG erzielt. Ein vermietetes Immobilienobjekt führt nicht automatisch zur gewerblichen Einstufung.
Vermögenszugehörigkeit
Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört die Immobilie zum Privatvermögen. Bei gewerblicher Nutzung regelmäßig zum Betriebsvermögen. Die Einordnung definiert die konkrete Gebäudeart – Wirtschaftsgebäude (Betriebsvermögen; keine Wohngebäude), Wohngebäude (sowohl Betriebs- als auch Privatvermögen), sonstige Gebäude (Privatvermögen; keine Wohngebäude) – und ihre Abschreibung.
Abschreibung (auch AfA – Absetzung für Abnutzung)
Abschreibungen bilden den Wertverlust des Gebäudes ab. Sie werden den Einnahmen gegenübergestellt. Beim Haus- oder Eigentumswohnungskauf von älteren Objekten können Sanierungskosten innerhalb der ersten drei Jahre nur dann sofort als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen unter 15 Prozent des Kaufpreisanteils für das Gebäude liegen. Bei mehr als 15 Prozent handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten und werden als Abschreibung berücksichtigt.
Einfache Abschreibung
Lineare Abschreibung mit gleichbleibend gesetzlich bestimmten AfA-Sätzen: Abhängig von Art und Alter der Immobilie. Aus den AfA-Sätzen ergeben sich die Abschreibungszeiten für Wirtschaftsgebäude (33 und 25 Jahre) und andere Gebäude (50 und 40 Jahre).
Degressive Abschreibung mit abfallenden Sätzen: diese ist für Wirtschaftsgebäude ab 1994, sonstige Gebäude ab 1995 sowie für Wohngebäude ab 2006 nicht mehr vorgesehen.
Ein Wechsel zwischen den Abschreibungsmethoden findet grundsätzlich nicht statt, nur in Ausnahmefällen. Änderungen Jahressteuergesetz 2022: Die linearen AfA-Sätze für Wohngebäude, mit Fertigstellung nach dem 31. Dezember 2022, betragen jährlich 3 Prozent (vorher 2 Prozent). Beim Kauf von Bestandsimmobilien bleibt es bei der bisherigen Abschreibungsmethode.
Erhöhte Abschreibung
Bei bestimmten Gebäuden oder in bestimmten Gebieten erlaubt der Gesetzgeber erhöhte Absetzungen. Diese gelten für Gebäude in Sanierungsgebieten, in städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 7h EStG) und für Baudenkmale (§ 7i EStG). Selbstnutzer von Baudenkmalen und schutzwürdigen Kulturgütern profitieren von besonderen Steuerbegünstigungen (§ 10f EStG und § 10g EStG). Begünstigt nach § 7h EStG sind Herstellungskosten für Maßnahmen (des Vermieters) zur Erhaltung, Erneuerung und funktionsgemäßen Verwendung, wenn das Gebäude wegen seiner geschichtlichen/künstlerischen/städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll und Eigentümer gegenüber der Kommune verpflichtet sind. Nach § 7i EStG können Vermieter eines Baudenkmals die Begünstigung für Baumaßnahmen beanspruchen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder einer sinnvollen Nutzung dienen.
Baudenkmale als Steueroase: Acht Jahre lang sind bis zu 9 Prozent und in den darauffolgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 Prozent der der nachträglichen Herstellungskosten abzugsfähig. Die Abschreibung ist gleichzeitig für mehrere Objekte möglich.
Wer z. B. ein Bauträgerprojekt erwirbt, für den gilt: Erst kaufen, dann renovieren. Anschaffungskosten für Grund und Boden und das Altgebäude bleiben außen vor. Die Vertragsgestaltung konzentriert sich auf die allein begünstigten Renovierungsmaßnahmen. Baumaßnahmen sind im Vorfeld mit der zuständigen kommunalen Denkmalbehörde abzustimmen.
Sonderabschreibung Mietwohnungsneubau seit 2019
Das Gesetz (§ 7b EStG) ermöglicht privaten Investoren (befristet für 4 Jahre), 5 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Wohnung, zusätzlich zur linearen Abschreibung, steuerlich geltend zu machen. Diese Regelung gilt bis 2026 mit neuen Baukostenobergrenzen und einer maximal förderfähigen Bemessungsgrundlage.
Sonderausgaben und Förderungen
Selbstgenutzte Baudenkmale und Immobilien in Sanierungsgebieten: Selbstnutzer können hier Sonderausgaben von je 9 Prozent zehn Jahre lang geltend machen – somit sind 90 Prozent abzugsfähig. Dieser Sonderausgabenabzug ist auf ein Objekt, bei zusammenlebenden Ehegatten auf zwei Objekte beschränkt. Beim Neu- oder Wiederaufau ist kein Sonderausgabenabzug möglich.
Energetische Sanierungen § 35a EStG und § 35c EStG
§ 35a EStG: Für Handwerkerleistungen in einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung kann eine Steuerminderung in Höhe von 20 % der Arbeitskosten (ohne Materialkosten) maximal 1.200 Euro beantragt werden. Seit dem 01. Januar 2022 gilt die vollständige Steuerfreiheit für kleinere/mittlere Photovoltaikanlagen (meditaxa 104/2023, S. 21). Bei der Steuerfreiheit sind weitere wichtige Details zu beachten – z. B. die Gebäudeart und die Einkunftsart der Immobilienbesitzer. Die Wartungskosten können sich somit ebenfalls gemäß § 35a EStG steuermindernd auswirken.
§ 35c EStG: Maßnahmen der Wärmedämmung, des Fensteraustauschs oder des Heizungseinbaus sind förderungsfähig, sofern Eigentümer – u. U. auch Vorbehaltsnießbraucher – das Gebäude (älter als zehn Jahre) zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Die Förderung ist für mehrere einzelne Maßnahmen an einem Objekt möglich: Innerhalb von drei Jahren sind 20 Prozent der Aufwendungen (insg. max. 40.000 Euro) abzugsfähig. Bei einer Immobilie mit mehreren selbstgenutzten Eigentumswohnungen gilt jede Wohnung als begünstigtes Objekt und Aufwendungen sind für das gesamte Gebäude anteilig zuzuordnen. Begünstigt sind auch die Materialkosten, wenn der ausführende Betrieb eine Bescheinigung nach einem amtlich vorgeschriebenen Muster ausstellt. Diese ist beim Finanzamt einzureichen. Je nachdem sollten Eigentümer die Förderungsmöglichkeiten nach § 35c EStG und § 35a EStG gegeneinander abwägen und ggf. kombinieren.
Bei anderweitigen Förderungen (z. B. KfW-Kredit, BAFA-Förderung) sind steuerliche Begünstigungen nach § 35a EStG und § 35c EStG nicht möglich.
Immobilien-Sondersteuern
Die Grundlagen der Immobilienbesteuerung finden sich im normalen Steuerrecht. Die Grunderwerbsteuer fällt beim Kauf einer Immobilie an und fließt in die Kassen der einzelnen Bundesländer. Für das reine Halten einer Immobilie ist die Grundsteuer an die jeweilige Kommune zu zahlen.
Hinweis zur Grundsteuer: Mit dem neuen Werteermittlungssystem sollen Eigentümer bei der Werteermittlung miteinbezogen werden. Der Bund der Steuerzahler empfiehlt Eigentümern, vorsorglich gegen entsprechende Bescheide Einspruch einzulegen, da es Zweifel an der verfassungsgemäßen Wertevorgabe des Gesetzgebers gibt.
Jeder Erwerb einer Immobilie sollte vorab sorgfältig geprüft werden – denn gerade bei einer Übertragung von Immobilien an den Ehegatten/Lebenspartner oder an die Kinder bzw. deren Abkömmlinge fällt die Grunderwerbsteuer regelmäßig nicht an. Bei speziellen Schenkungsvorgängen hingegen – vor allem im erweiterten Familienkreis – sind Besonderheiten zu beachten:
Schenken. Übertragen. Erben.
Werden Immobilien im Familienkreis zu Lebzeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, kommen Nachfolgegenerationen frühzeitig in den Immobilienbesitz. Die steuerlichen Freibeträge können alle zehn Jahre neu in Anspruch genommen werden.
Seit Jahresbeginn werden Immobilien bei Schenkung und Erbschaft teils höher bewertet, zur Anpassung an die stark gestiegenen Verkehrswerte (also Zeitwerte). Bereits durch die Erbschaftssteuerreform (2009) sollten die Steuerwerte der Immobilien nahe an den Verkehrswerten liegen.
Die Beratungspraxis mit ihren Möglichkeiten, die Erbschaftsteuerzahlungen niedrig zu halten, ist umso wichtiger und kann auf verschiedene Schenkungsvarianten zurückgreifen:
Schenkung unter Auflage: Der Schenker legt dem Beschenkten eine Verpflichtung (Nießbrauch) auf, die ins Grundbuch eingetragen wird. Mit der eingeschränkten Verwendung der Immobilie wird der Wert der Schenkung rechtlich gemindert.
Nießbrauch bei vermieteten Immobilien: das Gebäude kann weiter zur Vermietung, mit allen Einnahmen und Ausgaben, genutzt und die Abschreibung steuerlich in Anspruch genommen werden. So wird die Schenkungsteuer gespart und bei Wegfall des Nießbrauchs, im Sterbefall des Schenkers, erhält das Finanzamt keinen Zuschlag durch eine Erbschaftsteuer auf die zwischenzeitliche Werterhöhung.
Schenkung mit Widerrufsvorbehalt: Durch Rückforderungsrechte kann der Schenker die Immobilie, ohne Wegfall der
Steuerbefreiung, zurückbekommen. Notariell sind verschiedene
Rückabwicklungsansprüche möglich. Das vertragliche
Rückforderungsrecht wird in der Praxis bevorzugt angewandt.
Schenker können ihre Immobilien zurückverlangen, z. B.:
Das Familienwohnheim übertragen: Im engeren Familienbund gilt keine betragsmäßige Obergrenze, hingegen muss
die Größe der Wohnfläche (bis 200 m²) beachtet werden.
Das auch nur, wenn im Erbschaftsfall das Heim an Kinder/
Enkelkinder übertragen wird. Anders ist es, wenn an den
Ehepartner zu Lebzeiten verschenkt wird. Es gibt drei Varianten,
die eine gesetzliche komplette Steuerbefreiung vorsehen
(§ 13 Abs. 1 Nr. 4a, 4b, 4c ErbStG):
Die Steuerfreiheit im Erbfall gilt nur, wenn Erben im Anschluss das Familienheim für mindestens zehn Jahre zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Die Nichteinhaltung dieser Frist führt zu einer Nachbesteuerung. Das kann vermieden werden, wenn das Familienhaus bereits zu Lebzeiten bei der steuerlichen Gestaltung ausreichend berücksichtigt wird.
Eine steuerfreie Übertragung im Rahmen einer Schenkung ist möglich, sofern sich im Familienheim eine eigengenutzte Wohnung befindet, die den Mittelpunkt des Lebens bildet.
Schenken oder Erben? Ein Gestaltungsbeispiel:
Der Ehemann ist alleiniger Eigentümer eines gemeinsam genutzten Familienheims. Im Falle seines Vorversterbens will die Ehefrau nicht weitere zehn Jahre alleine in dem Familienhaus bleiben. Im Rahmen einer Übertragung durch Schenkung ist es unerheblich, ob die Ehefrau nach Ableben ihres Mannes das Familienheim veräußert oder vermietet. Wichtig ist in solch einem Fall, die Schenkung unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu vereinbaren. Denn verstirbt die Ehefrau vor dem Ehemann, würde wiederum die Frist von zehn Jahren greifen. Durch den Widerruf bekommt der Ehemann das Eigentum zurück.
Fazit: Immobilien und Steuern lassen sich in Deutschland thematisch nicht trennen. Jede noch so kleine Aktion und Investition gilt es sorgfältig zu bedenken und zu planen. Für eine vorherige gründliche steuerliche Beratung stehen wir, Ihre Steuerberater der meditaxa Group e. V., gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an.
INFO: STEUERFALLEN VERMEIDEN
Kurzfristige An- und Verkäufe von Immobilien können unter Umständen gewerblich eingestuft werden:
Spekulationsgeschäft: Eine Immobilie/ein Grundstück wird innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb verkauft. Der Gewinn muss gesondert versteuert werden (§ 23 EStG); Ausnahme bei Eigennutzung.
Gewerblicher Grundstückshandel: Innerhalb von ca. fünf Jahren werden drei/mehr Immobilien (mit Verkaufsabsicht erworben und ggf. bebaut) verkauft. Die „Drei-Objekt-Grenze“ und der Zeitraum können im Einzelfall flexibel ausgelegt werden.
Betriebsaufspaltung: Einkünfte aus einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit (Vermietung/Verpachtung) können gewerblich sein, wenn z. B. eine Personengesellschaft (z. B. GbR) ein Grundstück als Betriebsgrundlage einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) überlässt und mind. eine Person beide Unternehmen beherrscht. Das Grundstückvermögen wird so aus dem operativen Unternehmensgeschäft herausgehalten. Die Beendigung des operativen Geschäfts (auch im Erbfall) stellt für die grundstückbesitzende Gesellschaft eine Betriebsaufgabe dar. Es droht eine Betriebsbesteuerung durch Aufdeckung stiller Reserven. Erkennt das Finanzamt eine Betriebsaufspaltung zuerst, folgen erhebliche steuerliche Konsequenzen.
Liebhaberei: Objektive Merkmale einer Einkunftsart (Vermietung/Verpachtung) ohne subjektiven Willen, Gewinn oder Überschuss zu erwirtschaften, führen zur Annahme der Liebhaberei. Bei längeren Verlustperioden werden andere Einkünfte verrechnet. Diese Verrechnungen werden vom Finanzamt auf Dauer nicht anerkannt und es führt Prognoserechnungen mit absehbaren Überschüssen durch.
Wenden Sie sich auch hier an Ihre Steuerberater, um Ihre Absichten richtig einschätzen zu lassen.
Autorin: Kerstin Claußen, Steuerberaterin
DELTA Steuerberatungsgesellschaft mbH
www.kanzleidelta.de