08.08.2023
Eltern können für erwachsene Kinder Kindergeld bekommen, sofern diese unter 25 Jahre alt und noch in der Ausbildung sind. Mit dem Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums berücksichtigt die Familienkasse den Nachwuchs allerdings nur noch, wenn dieser nicht voll erwerbstätig ist – darunter fallen ein Arbeitsverhältnis mit bis zu 20 Stunden pro Woche sowie ein Ausbildungs- oder geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.
Im Falle einer volljährigen Tochter, die bis Dezember 2020 ihr Medizinstudium absolviert und im Januar 2021 eine Facharztweiterbildung (Weiterbildung zur Kinderärztin) mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden angenommen hatte (die Weiterbildung sollte mind. 60 Monate andauern), wurde der Mutter von der Familienkasse der Kindergeldanspruch für ihre Tochter für die Zeit der Facharztweiterbildung aberkannt. Die Tochter absolviere laut Familienkasse in dieser Zeit keine Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG) mehr.
Die Erwerbstätigkeit stehe hier im
Vordergrund. Entscheiden musste darüber nun der Bundesfinanzhof (BFH):
Die Münchener Richter führten zunächst aus, dass sich ein erwachsendes Kind, aus
kindergeldrechtlicher Sicht, nur dann noch in der Berufsausbildung befindet,
wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und
nachhaltig darauf vorbereitet. Dabei dienten der Vorbereitung auf ein
Berufsziel „alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen,
Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des
angestrebten Berufs geeignet sind.“. Werden Ausbildungsmaßnahmen aber innerhalb
eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, sei von einer Ausbildung
nur dann auszugehen, wenn der Ausbildungscharakter, und nicht das Erbringen
bezahlter Arbeitsleistungen im Vordergrund steht. Genau das sei aber bei der
Facharztausbildung der Fall. Die Weiterbildung zum Facharzt nach der
Weiterbildungsverordnung setze zwar keine berufspraktische Tätigkeit voraus,
die Ausbildung im der Rahmen der Facharztausbildung trete hinter der
eigentlichen Berufstätigkeit aber zurück. Daran ändere im konkreten Fall selbst
der enge zeitliche Zusammenhang mit dem Studium nichts. Zudem erhalte die junge
Ärztin ihre Vergütung vorwiegend für ihre Arbeitsleistung. Sie beziehe dort
auch nicht nur eine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin
angemessenes Entgelt. Somit stelle die Facharztausbildung keinen Teil einer
einheitlichen Berufsausbildung dar, denn die Weiterbildung im Vergleich zur
Erwerbstätigkeit sei nur Nebensache. Somit verneinte das Gericht im Ergebnis
den Anspruch der Eltern auf Kindergeld für ihre Tochter.
Quelle: BFH-Urteil vom 22.09.2022 Az. III R 40/21