Wachstumschancen und Zukunftsfinanzierung – die Gesetzesentwürfe im Überblick

20.10.2023


Für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland wurde im Juli der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz veröffentlicht. Es soll zu Investitionen anregen, das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfachen sowie Steuerschlupflöcher aufdecken und beseitigen:

Steuerliche Förderung von Investitionen in den Klimaschutz
Das neue Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz bietet  Unternehmen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, eine Prämie von 15 Prozent für Investitionen zur Energieeffizienzverbesserung. Voraussetzung: Das einzelne Wirtschaftsgut kostet mehr als 10.000 Euro und die Gesamtsumme der Investitionen beträgt mindestens 50.000 Euro – (für Investitionen ab Tag der Verkündung und Abschluss vor dem 01.01.2028).

Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
Mit einer Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung/Verpachtung i. H. v. 1000 Euro (ab VZ 2024) soll eine bürokratieentlastende Regelung geschaffen werden. Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen aus einer Vermietung, sollen die Einnahmen auf Antrag als steuerpflichtig behandelt werden können.

Abzugsfähigkeit von Geschenken
Aufwendungen für Geschenke an Nichtarbeitnehmer sollen zukünftig – für alle Wirtschaftsjahre ab 01. Januar 2024 – bis zu 50 Euro pro Person  und Jahr gewinnmindernd berücksichtigt werden können.

Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen
Der bisherige Freibetrag für Betriebsveranstaltungen soll von 110 auf 150 Euro pro Kopf (inkl. USt.) angehoben werden (ab VZ 2024).

Höhere Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand
An Tagen, an denen Arbeitnehmer 24 Stunden  abwesend sind, steigt der Betrag von 28 auf 30 Euro. Bei mehr als 8 Stunden Abwesenheit sowie für den An- und Abreisetag einer mehrtägigen auswärtigen  Tätigkeit erhöht sich der Betrag auf 15 Euro (ab VZ 2024).

Höhere Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)
Anhebung des Werts für sofort vollständig abzugsfähige  geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro, dies betrifft vor allem Arbeitsmittel oder Büroausstattung auf 5.000 Euro. Die Abschreibungsdauer soll von 5 auf 3 Jahre verringert werden (gilt für GWG, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden).

Sonderabschreibungen:
bei Betrieben mit einer Gewinngrenze von 200.000 Euro/Jahr im Vorjahr der Investition. Zukünftig sollen nun 50 Prozent (aktuell 20 Prozent) der Investitionskosten abgeschrieben werden können – (für Anschaffung von Wirtschaftsgütern nach 31.12.2023).

Verbesserung des Verlustrück- und vortrags
Geplant ist eine Ausdehnung des Verlustrücktrags, der durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz bereits auf zwei Jahre verlängert wurde. Diese Verlängerung soll nun um ein weiteres Jahr auf insgesamt drei Jahre erweitert werden (ab VZ 2024).
Erweiterter Verlustvortrag: Für die VZ 2024 bis 2027 soll die Mindestgewinnbesteuerung keine Anwendung finden, wodurch der Verlustvortrag in diesen Zeiträumen unbegrenzt sein soll. Danach gilt die Mindestgewinnbesteuerung wieder, allerdings mit erhöhten Sockelbeträgen von 10 Mio. Euro bzw. 20 Mio. Euro für Ehegatten (ab VZ 2024).

Fünftelregelung bei der Lohnsteuer
Die Fünftelungsregelung, die bisher von Arbeitgebern zur Berücksichtigung von Tarifermäßigungen für bestimmte Arbeitslöhne angewendet wurde, wird aufgrund ihrer Komplexität nicht mehr von diesen durchgeführt.  Die Arbeitnehmer müssen diese Vergünstigung im Veranlagungsverfahren selbst beantragen (ab Lohnsteuerabzug 2024).

Versorgungsfreibetrag
Beginnend mit dem Jahr 2023 soll der steuerfreie Anteil von Versorgungsbezügen langsamer reduziert werden, mit einer jährlichen Verringerung des Prozentsatzes um 0,4 statt 0,8 Prozentpunkte. Der Höchstbetrag und der zusätzliche Betrag sinken jährlich um 30 bzw. 9 Euro (ab VZ 2023).

Rentenbesteuerung
Ab 2023 steigt der zu versteuernde Anteil der Rente jährlich um 0,5 statt 1 Prozent beginnend mit 82,5 Prozent im Jahr 2023, bis 100 Prozent im Jahr 2058 erreicht sind (ab VZ 2023).

Altersentlastungsbetrag
Die jährliche Reduzierung des Altersentlastungsbetrags soll halbiert werden, sowohl in Bezug auf den anzuwendenden Prozentsatz (von 0,8 auf 0,4 Prozentpunkte) als auch auf den Höchstbetrag (von 38 auf 19 Euro) (ab VZ 2023).

Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben bisher steuerfrei, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn die Freigrenze von 600 Euro nicht übersteigt. Diese Freigrenze soll 2024 auf 1.000 Euro je Steuerpflichtigen erhöht werden.

Erweiterung der Ist-Besteuerung
Die Umsatzgrenze soll ab 2024 von 600.000 auf 800.000 Euro angehoben werden (ab Besteuerungszeitraum 2024).

Umsatzsteuererklärung von Kleinunternehmen
Kleinunternehmer sollen zukünftig grundsätzlich von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit sein. Die Erklärungspflicht soll nur noch bei Aufforderung durch das Finanzamt bestehen bleiben.  Insbesondere Betreiber von PV-Anlagen (häufig Kleinunternehmer) werden hier entlastet.

Verzicht auf Umsatzsteuervoranmeldungen
Unternehmer können durch das Finanzamt von der  Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung und  Entrichtung der Vorauszahlung befreit werden, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro (bisher 1.000 Euro) betragen hat.

Anhebung der Grenzen für die Buchführungspflicht
Die Buchführungspflicht für gewerbliche Unternehmen soll  zukünftig erst ab einem Gesamtumsatz von 800.000 Euro (bisher 600.000 Euro) oder einem Gewinn von 80.000 Euro (bisher 60.000 Euro) bestehen (für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2023).

Überschusseinkünfte
Steuerpflichtige, die jährlich mehr als 500.000 Euro Überschusseinkünfte erzielen, müssen dazugehörige Unterlagen  6 Jahre lang aufbewahren. Diese Grenze soll auf 600.000 Euro erhöht werden (gilt ab VZ 2024).


Bereits einen Monat nach dem Entwurf zum Wachstumschancengesetz beschloss das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz: Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) soll der Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtert werden. Aus steuerlicher Sicht enthält der Entwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz im Wesentlichen Änderungen bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung.

Erhöhung des Freibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
Von 1.440 auf 5.000 Euro. Bis zu 2.000 Euro können Mitarbeiter die Beteiligungen durch Gehaltsumwandlung finanzieren.

Einführung einer Haltefrist von 3 Jahren zur Beibehaltung der Steuerfreiheit
Andernfalls erfolgt eine Versteuerung bei Verkauf, da die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten gerechnet werden. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer zu mehr als 1 Prozent am Unternehmen des Arbeitgebers beteiligt ist.  Ferner sind Änderungen zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen von Arbeitnehmern geplant:

  • Anteilsvergabe: Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Gründungsgesellschafter können steuerbegünstigte Anteile vergeben.
  • Definition des Arbeitgeberunternehmens: Unternehmen, die zum gleichen Konzern gehören, gelten ebenfalls als Arbeitgeber.
  • KMU-Definition: Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von maximal 100 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme von maximal 86 Mio. Euro gelten als KMU.
  • Zeitliche Erweiterung des Schwellenwerts: Die zeitliche Grenze für die Förderung wird von 2 auf 7 Jahre ausgedehnt. Unternehmen können die Förderung erhalten, wenn sie in den letzten 6 Jahren die festgelegten Schwellenwerte nicht unterschritten haben.
  • Gründungszeitraum: Der relevante Gründungszeitraum eines Unternehmens, der für die Beteiligung berücksichtigt wird, wird von 12 auf 20 Jahre vor der Beteiligung verlängert.
  • Besteuerung von Vermögensbeteiligungen: Die Steuer für den geldwerten Vorteil aus Vermögensbeteiligungen wird, statt nach 12 Jahren, spätestens 20 Jahre nach der Übertragung fällig. Dies gilt auch für Beteiligungen, die vor 2024 übertragen wurden.
  • Leaver-Events: Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt und seine Anteile zurückgibt, wird nur der tatsächlich gezahlte Betrag besteuert.
  • Dry-income-Problematik: Um das Problem zu lösen, dass Mitarbeiter Steuern auf ihre Anteile zahlen müssen, ohne Geld dafür erhalten zu haben, kann der Arbeitgeber die Steuern übernehmen. Die Besteuerung wird dann erst fällig, wenn die Anteile verkauft werden.

Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um vorläufige  Gesetzesentwürfe handelt. Die Zustimmung durch den Bundesrat für beide Gesetze ist für den 15. Dezember 2023 geplant, entsprechend ist noch mit Anpassungen zu rechnen, über die Sie Ihre meditaxa Group e. V. weiterhin informieren wird.