04.11.2023
Seit dem EuGH Urteil 2019 müssen Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer erfassen, bzw. erfassen lassen.
Die technischen Rahmenbedingungen hierfür sind noch recht offen: Excel-Tabelle, per App oder Stechuhr. Was einerseits als lästige Bürokratie empfunden werden kann, kann für Arbeitgeber aber auch ein gutes Mittel sein, um zeitliche Fehltritte ihrer Mitarbeiter aufzudecken – manchmal auch mit drastischen Konsequenzen: Im konkreten Fall hatte eine ZFA gegen ihren Arbeitgeber geklagt, da dieser ihr nach fast zehn Jahren fristlos gekündigt hatte.
Die Mitarbeiterin nahm während der Arbeitszeit eine ca. 10 Minuten dauernde Verabredung mit einem Bekannten im gegenüberliegenden Café wahr. „Ausgeloggt“ hatte sie sich in dieser Zeit nicht. Ihren Kollegen sagte sie, sie ginge kurz in den Praxiskeller, um etwas zu holen. Die Schwindelei flog auf. In der Konfrontation mit ihrem Arbeitgeber stritt die ZFA den Cafébesuch zunächst ab und versicherte, sie habe das Praxisgebäude nicht verlassen. Erst als der Arbeitgeber ankündigte, ihr ein Beweisfoto auf seinem Handy zu zeigen, gab sie zu, sich zur Kaffeepause nicht ausgeloggt zu haben.
Sie erhielt noch am selben Tag die fristlose Kündigung und klagte vor Gericht: Den Arbeitszeitbetrug habe sie nicht mutmaßlich, sondern versehentlich begangen, da sie vergessen habe, ihre Kaffeepause in der Zeiterfassung zu dokumentieren. Zudem seien 10 Minuten unerlaubter Pause (außer Haus) aus ihrer Sicht kein schwerwiegender Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen sowie das Landesarbeitsgericht Hamm sahen die Sache anders und entschieden Zugunsten des Arbeitgebers. Durch ihr Fehlverhalten ist ihre Arbeitszeit insgesamt nur schwer dokumentierbar. Der schwere und irreparable Vertrauensbruch, der durch ihr gesamtes Fehlverhalten entstanden ist, gab den Ausschlag für die Entscheidung der Richter.
Somit war der Arbeitgeber nicht erst zur Abmahnung verpflichtet und die fristlose Kündigung ist durchaus gerechtfertigt.
Quelle: LAG Hamm, Urteil vom 27.01.2023, Az. 13 SA 1007/22