29.04.2024
Der Bundesrat hat am 22. März 2024 dem Wachstumschancengesetz (WCG) zugestimmt, das vor allem Steueränderungen bzw. Steuervereinfachungen beinhaltet. Hier ein Überblick über die wichtigsten steuerlichen Änderungen:
Degressive Abschreibung (AfA):
Beim Kauf von beweglichen Gegenständen für das betriebliche Anlagevermögen im Zeitfenster vom 01. April 2024 bis zum 31. Dezember 2024 können Unternehmer nun alternativ zur linearen AfA die degressive AfA wählen. Diese beträgt höchstens das 2,0-fache des linearen Abschreibungssatzes, maximal 20 Prozent der Anschaffungskosten, bzw. des Restbuchwerts. Auf Unternehmer kommen hier höhere Betriebsausgaben in den ersten Abschreibungsjahren zu, die sie dann von der Steuer absetzen können.
40%-Sonderabschreibung:
Werden bestimmte Voraussetzungen erfüllt, können Betriebe nach WCG bei der Anschaffung von beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens rückwirkend ab dem 01. Januar 2024 neben der regulären AfA eine 40%-Sonderabschreibung gewinnmindernd geltend machen (bisher 20 Prozent). Damit ist bei Kombination der Sonderabschreibung mit der degressiven AfA eine Abschreibung von bis zu 60 Prozent im ersten Jahr möglich.
Neue Freigrenze für Geschenke:
Durch das WCG steigt die Freigrenze bei Geschenken an Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter von 35 Euro netto auf 50 Euro netto pro Jahr und Empfänger.
Neuregelung zum Verlustvortrag:
In den Steuerjahren 2024, 2025, 2026 und 2027 greifen neue Steuerregeln zum Verlustvortrag. Dieser ist möglich, wenn in den letzten drei Jahren vor dem Jahr der Verlustentstehung keine positiven Einkünfte erzielt wurden. Der Verlustvortrag, der über 1 Million Euro (Ledige) bzw. 2 Millionen Euro (zusammenveranlagte Steuerzahler) liegt, kann im nächsten Jahr in Höhe von 70 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden (bislang 60 Prozent).
Stärkung der Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR):
Bisher forderte das Finanzamt gewerblich Tätige, die von der EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG profitierten, zum nächsten 01. Januar zur Bilanzierung auf, wenn ihr Umsatz über 600.000 Euro stieg oder sie höhere Gewinne als 60.000 Euro erzielten. Diese
Grenzen wurden nun angepasst.
HINWEIS: Ärzte dürfen als Freiberufler ihren Gewinn grundsätzlich immer nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.
Wer vom Finanzamt eine Aufforderung zum Wechsel der Gewinnermittlungsart zum 01. Januar 2024 vorliegen hat, kann die Bilanzierung ggf. noch abwenden. Im WCG ist eine Erhöhung der Umsatzgrenze ab 2024 auf 800.000 Euro und die Gewinngrenze auf 80.000 Euro geplant.
Überschreiten Umsatz und Gewinn im Jahr 2024 voraussichtlich nicht die neuen Grenzen nach WCG, kann nach § 148 Abgabenordnung ein Antrag beim Finanzamt auf Rücknahme der Aufforderung zur Bilanzierung gestellt werden.
Weniger Bürokratieaufwand für Kleinunternehmer:
Beim Finanzamt registrierte Kleinunternehmer mussten bisher eine Umsatzsteuererklärung einreichen, um gemäß Kleinunternehmerregelung die Umsatzhöhe prüfen zu lassen. Das WCG sieht hier eine bürokratische Entlastung vor – Kleinunternehmer nach § 19 UStG müssen erstmals für das Steuerjahr 2024 keine Umsatzsteuererklärung mehr beim Finanzamt einreichen.
Höhere Umsatzschwelle bei der Ist-Besteuerung:
Grundsätzlich gilt bei der Umsatzsteuer (USt) die sog. Soll-Versteuerung. Die USt ist demnach bereits ans Finanzamt abzuführen, wenn eine Leistung erbracht und die Rechnung in der Buchhaltung erfasst wurde. Der Zeitpunkt der Bezahlung spielt hier keine Rolle. Wer einige Voraussetzungen erfüllt, kann die Ist-Versteuerung beim Finanzamt beantragen. Hier ist die USt erst nach Zahlungseingang anzumelden und ans Finanzamt abzuführen. Bisher profitierten von der Ist-Versteuerung alle, deren Jahresumsatz unter 600.000 Euro lag, diese Umsatzhöchstgrenze wurde auf 800.000 Euro (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UStG) angehoben.
Geringere Haftungsrisiken für Unternehmer bei Abfindungen:
Erhalten Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern zur Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfindung, oder werden in einem Jahr Gehaltsbestandteile ausbezahlt, die über mehrere Jahre verdient wurden, profitieren Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen von einer ermäßigten Besteuerung in Form der Fünftelregelung nach § 34 EStG. Die ermäßigte Besteuerung konnte bereits bei Ermittlung der Lohnsteuer berücksichtigt werden.
HINWEIS
In der Vergangenheit wurde bei Lohnsteuerprüfungen immer wieder festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nicht vorgelegen haben. Die Folge war eine Lohnsteuerhaftung beim Arbeitgeber. Ab 2025 (ursprünglich: ab 2024) wird die Anwendung der Fünftelregelung beim Lohnsteuerabzug nach einer Regelung im WCG nicht mehr vorgenommen. Für Arbeitgeber besteht demnach kein Haftungsrisiko mehr. Für Arbeitnehmer hat das keinen steuerlichen Nachteil zur Folge. Sie können die Anwendung der Fünftelregelung bei Abgabe einer Steuererklärung beantragen.
meditaxa Redaktion