GoBD-konformer Austausch und Umgang mit (digitalen) Rechnungen

29.04.2024


Seit dem Steuervereinfachungsgesetz von 2011 ist die digitale Rechnung der Papierrechnung grundsätzlich gleichgestellt.
So erfüllen digitale Rechnungen uneingeschränkt die Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes und berechtigen damit
– bei Vorliegen der entsprechenden Pflichtangaben – zum Vorsteuerabzug.

Welche Anforderungen die Finanzverwaltung grundsätzlich an den digitalen Rechnungsaustausch stellt, ergibt sich aus den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). In der Praxis kann man sich bislang an folgenden Regeln orientieren:

Elektronische Aufbewahrung:

Digitale Rechnungen stellen eigenständige elektronische Unterlagen dar, die auch digital im Ursprungsformat aufzubewahren sind. Zentrale Elemente der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht wie die Datensicherheit, Unveränderbarkeit, Aufbewahrung und maschinelle Auswertbarkeit von Rechnungen sind nur mit einer professionellen Dokumentenmanagement-Software zu umsetzbar. Die Aufbewahrungsdauer beträgt dabei regelmäßig zehn Jahre. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist.

Unveränderbarkeit:

Digitale Rechnungen sind zur Berechtigung des Vorsteuerabzugs stets unveränderbar aufzubewahren. Ist eine Änderung notwendig, muss diese erkennbar sein. Archivierte Rechnungen müssen vor Manipulation geschützt sein sowie vor Änderungen durch Hard- oder Software.

Lesbarkeit:

Zur korrekten Aufbewahrung von Rechnungen muss das Format der archivierten Rechnung so gewählt sein, dass es lesbar ist (z. B. PDF, JPG, TIF). Dazu zählen auch XML- und EDIFACT-Dateien, sofern ein Anzeigeprogramm hierfür vorliegt.

Zeitgerechte Erfassung und Belegsicherung:

Digitalisierte Rechnungen sind zeitnah, also unmittelbar nach Eingang oder Entstehung zu sichern. Kommt ein Archivsystem zum Einsatz, muss die Belegsicherung ordnungsgemäß und vollständig zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen, um Verlust oder Manipulation auszuschließen und das unabhängig vom Dateiformat der Rechnung.

Sonderfall E-Mail:

Wenn die E-Mail ausschließlich als „Transportmittel“ genutzt wird, gleichzusetzen mit einem Briefumschlag, und sich im Text der E-Mail keine buchhalterischen Inhalte befinden, die über den Inhalt der digitalen Rechnung im Anhang hinausgehen, so muss die E-Mail nicht aufbewahrt werden. Eine qualifizierte elektronische Signatur ist seit 2011 für die offizielle Zulässigkeit nicht mehr notwendig. Unternehmen können entsprechende E-Mails mit Anhängen zu Dokumentationszwecken freiwillig aufbewahren. E-Mails mit der Funktion eines Handels- oder Geschäftsbriefs oder eines Buchungsbelegs sind jedoch elektronisch aufzubewahren.
Indexierung und Nachvollziehbarkeit: Digitale Rechnungen sind unter einem nachvollziehbaren und eindeutigen Index zu führen, unter dem sie verwaltet und recherchiert werden können. Für eine spätere Prüfbarkeit sind diese Zuordnungs- und Identifizierungsmerkmale bei der Aufzeichnung oder Verbuchung zu übernehmen.

Digitalisierung von Papierrechnungen:

Einen Sonderfall der Erfassung stellt die Digitalisierung von Papierrechnungen dar. Werden Rechnungen in Papierform nach Erhalt elektronisch erfasst, so muss das Scan-Ergebnis so aufbewahrt werden, dass die Wiedergabe mit dem Original (Papier) bildlich übereinstimmt, wenn es lesbar gemacht wird. Der Verzicht auf Papierbelege darf die Nachvollziehbarkeit und -prüfbarkeit  aber nicht beeinträchtigen.

Mobiles Scannen:

Das Fotografieren von Belegen mit dem Smartphone (Mobiles Scannen) ist dem stationären Scanvorgang gleichgestellt und erlaubt. Mit einer direkten Anbindung an das Dokumentenmanagement kann eine Übertragung medienbruchfrei erfolgen. Die Erfassung von Dokumenten sowie Buchungsbelegen, die in Papierform empfangen wurden, kann mit den verschiedensten Arten von Geräten wie Smartphones oder einer Scanstraße erfolgen. Damit erkennen die GoBD die bildliche Erfassung von Papierbelegen an, unabhängig davon, ob der Scan- bzw. Fotografier-Vorgang mobil, stationär, zentral oder dezentral erfolgt.

Mobiles Scannen im Ausland:

Nach GoBD Rz. 136 gilt, dass die bildliche Erfassung mittels Smartphone auch im Ausland erlaubt ist, z. B. wenn Belege im Rahmen einer Dienstreise im Ausland anfallen, vor Ort empfangen wurden und diese sofort gescannt werden.
Wird die elektronische Buchführung ins Ausland verlagert, gilt nach § 146 Abs. 2a AO: Es gibt keinen Grund für eine Beanstandung, wenn die Ursprungsbelege in Papierform zu diesem Zweck am Ort der elektronischen Buchführung archiviert werden. Nach der Erfassung dürfen die Papierbelege vernichtet werden, soweit keine steuerlichen Sondervorschriften für eine Aufbewahrung im Originalformat vorliegen. Die Ausführungen zur Digitalisierung von Belegen wurden so an aktuelle Entwicklungen angepasst.

Vernichtung von Originalen:

Nach dem Einscannen dürfen Papierrechnungen – soweit sie nicht nach etwaigen Spezial-Vorschriften im Original aufzubewahren sind – unter bestimmten Voraussetzungen vernichtet werden. Insbesondere muss das verwendete Erfassungs- und Archivierungsverfahren den GoBD entsprechen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Erstellung einer Verfahrensdokumentation (s. u.) zu. Diese sollte insbesondere Ausführungen zum Prozess sowie zu den personellen und den technischen Anforderungen enthalten.

Reproduzierbarkeit:

Bei Ausgangsrechnungen ist für eine elektronische Aufbewahrung die inhaltliche Übereinstimmung notwendig, weshalb es sich empfiehlt, entsprechende (Papier-)Ausgangsbelege zum Zeitpunkt der Erstellung auch in einem Datei- (z. B. PDF) oder Bildformat (JPG oder TIF) der Belegsicherung zuzuführen.

Konvertierung (Umwandlung) und Zwischenformate:

Bei einer Konvertierung von digitalen Rechnungen in ein Inhouse-Format (unternehmensinternes Format) sind immer beide Versionen zu archivieren, unter demselben Index zu verwalten und die konvertierte Version als solche zu kennzeichnen. Eine Ausnahme stellen nur temporäre Zwischenspeicherungen von Verarbeitungsergebnissen dar, deren Inhalt während des Verarbeitungsprozesses vollständig in die Verfahrensdokumentation integriert wird. Wichtig ist, dass die Konvertierung die maschinelle Auswertbarkeit nicht einschränkt, oder zu bildlichen bzw. inhaltlichen Veränderungen führt. Konvertierungen sind notwendig, um die Verwendung zeitgemäßer Dateiformate zu ermöglichen.

Datenzugriff und Bereitstellung:

Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat die Finanzverwaltung das Recht, Einsicht in digitale Rechnungen zu nehmen und das vorhandene EDV-System zur Prüfung dieser Rechnungen zu nutzen. Dabei steht der Finanzverwaltung die Möglichkeit offen, im Rahmen einer Volltextsuche digitale Rechnungen zu recherchieren und diese maschinell auszuwerten. Auch bei digitalisierten Rechnungen ist Betriebsprüfenden die Einsicht in diese Rechnungen über die betriebsinterne Hard- und Software vor Ort zu gewährleisten.

Cloud-Systeme:

Elektronische Datenverarbeitungssysteme (EDV) werden ausdrücklich in die GoBD einbezogen und unter Rz. 20 der GoBD definiert. Mit der EDV können Daten erfasst, verarbeitet, gespeichert, vermittelt und empfangen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das System als eigene Hard-/Software erworben und genutzt, oder in einer Cloud bzw. als Kombination dieser Systeme betrieben wird. Um IT-Ressourcen zu entlasten und eine tägliche bedarfsgerechte Nutzung zu ermöglichen, sorgt die Cloud auch bei großen Mengen an Daten für eine jederzeit verfügbare und flexibel konfigurierbare Bereitstellung.

Verfahrensdokumentation:

Alle Steuerpflichtigen sind laut GoBD in der Aufzeichnungspflicht, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Aus dieser muss der Inhalt, Aufbau, Ablauf sowie die Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sein. Die Verfahrensdokumentation muss folgende Richtlinien erfüllen:

  • Prozessablauf der digitalen Buchführung sowie der vorgelagerten Systeme
  • Alle Prozessschritte müssen im Unternehmen durch eine Anwenderdokumentation dargestellt werden
  • Die Anwenderdokumentationen aller Systeme müssen vorlegbar sein
  • Technische Systemhandbücher zu Software müssen vorhanden sein
  • Unternehmensbeschreibung beispielsweise in Form einer Präsentation

Änderungen der Verfahrensdokumentation müssen historisch nachvollziehbar sein. Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit nicht beeinträchtigt, liegt kein sachlich formeller Mangel vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann. Eine Verfahrensdokumentation ist dennoch dringend zu empfehlen. Die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation ist abhängig vom eingesetzten Datenverarbeitungssystem, der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur.

meditaxa Redaktion