Hier müssen Arbeitgeber aufmerksam sein: eAU oder Online-AU?

01.08.2024


Seit 2023 gilt für gesetzlich Krankenversicherte die eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), die von Arztpraxen elektronisch an die gesetzliche Krankenkasse übermittelt wird. Privatversicherte erhalten weiterhin die AU in Papierform zur Vorlage bei ihrem Arbeitgeber. Unabhängig vom Format der AU-Bescheinigung – elektronisch oder in Papierform – müssen sich gesetzlich und Privatversicherte bei ihren Arbeitgebern krankmelden und sie über die Arbeitsunfähigkeit und voraussichtliche Dauer des Ausfalls vor Arbeitsbeginn informieren. Diese Anzeige- und Nachweispflicht ist gesetzlich verankert – „Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.“, vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG. – und wird i. d. R. durch weitere Vorschriften im Arbeitsvertrag ergänzt. Die Vorlage/Übermittlung einer eAU/AU-Bescheinigung wird vom Gesetz ab dem 4. Kalendertag (nicht Arbeitstag!) der Arbeitsunfähigkeit gefordert. Manche Arbeitsverträge sehen auch die Vorlage ab dem 2. Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit vor.

Immer mehr Ärzte bieten eine Online-Sprechstunde an und/oder Online-AU-Bescheinigungen.
Was Arbeitgeber hier zu beachten haben:

In Deutschland gibt es die sog. AU-Richtlinie, in der u. a. die Regeln für die Feststellung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte festgelegt sind. Grundsätzlich ist die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit Voraussetzung für den Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

HINWEIS

Im Arbeitsvertrag kann z. B. vereinbart sein, dass eine AU-Bescheinigung erst ab dem 3. Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen ist. Ist ein Arbeitnehmer z. B. am Freitag arbeitsunfähig und am darauffolgenden Montag immer noch, ist ab Montag (= 2. Arbeitstag, aber 4. Kalendertag) eine AU-Bescheinigung notwendig.

Wichtig ist das Feststellungsverfahren der Arbeitsunfähigkeit, grundsätzlich hat dieses nur mit einer ärztlichen Untersuchung zu erfolgen:

Unmittelbar und persönlich durch Ärzte, bei einer Patientenvorstellung in der Praxis oder einem Hausbesuch.
Mittelbar durch Ärzte per Videosprechstunde oder nach telefonischer Anamnese.

Dabei ist Folgendes zur Videosprechstunde zu beachten:

  • Nur zulässig, wenn die Art der Erkrankung dies nicht ausschließt;
  • Patienten haben keinen (gesetzlichen) Anspruch auf AU-Bescheinigungen per Videosprechstunde;
  • Handelt es sich um eine der Praxis unbekannte erkrankte Person, darf die Erstbescheinigung nur für bis zu 3 Kalendertage ausgestellt werden;
  • Folgebescheinigungen sind per Videosprechstunden nur zulässig, wenn der Arzt zuvor – bei einer unmittelbaren persönlichen Untersuchung für dieselbe Erkrankung – auch die Erstbescheinigung ausgestellt hat.

Zu beachten bei der telefonischen Sprechstunde ist:

  • Der Praxis bekannte Patienten, müssen sich am Telefon authentifizieren;
  • Patienten haben keinen (gesetzlichen) Anspruch auf telefonische AU-Bescheinigungen;
  • Es darf keine schwere Symptomatik der Erkrankung vorliegen;
  • Möglich, wenn die Videosprechstunde aus technischen/persönlichen Gründen keine Option ist;
  • Erstbescheinigungen können nur für bis zu 5 Kalendertagen ausgestellt werden;
  • Folgebescheinigungen können nach telefonischer Konsultation nur ausgestellt werden, wenn zwischenzeitlich eine unmittelbare persönliche Untersuchung stattgefunden hat und die Arbeitsunfähigkeit derselben Erkrankung festgestellt wurde.

Zulässigkeit von „Online-Krankschreibungen“
Immer häufiger werden von Ärzten und telemedizinischen Online-Anbietern Portale zur „Online-Krankschreibung“ angeboten. Hier handelt es sich aber nicht um die seit 01. Januar 2023 geltende eAU. Die ärztliche Feststellung der AU erfolgt hier durch eine Konsultation per Video oder Telefon mit Ärzten, die an die Online-Plattform angeschlossen sind oder durch diese vermittelt werden. Ein persönlicher unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt (APK) findet jedoch nicht statt.

HINWEIS

AU-Bescheinigungen von Online-Portalen werden i. d. R. nicht an die gesetzlichen Krankenkassen übermittelt und ist stellen keine gesetzliche eAU dar. Arbeitnehmer, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen, erhalten zur Vorlage eine AU in Papierform per Post oder in digitaler Form per E-Mail. Unseriöse Anbieter stellen auch AU-Bescheinigungen ganz ohne persönlichen APK aus und weisen darauf hin, dass AU-Bescheinigungen ohne APK von den Arbeitgebern oftmals nicht akzeptiert werden und bieten sogar eine „Geld-zurück-Garantie“ an.

Arbeitgeber können bei bestimmten „Online-AU“ die Entgeltfortzahlung verweigern
Eine Online-Krankschreibung ohne persönlichen, telefonischen oder APK per Video erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine AU-Bescheinigung. Eine Online-AU, die nur auf Basis von Angaben erstellt wird, die Arbeitnehmer auf der Plattform ausfüllen, erfüllen nicht die Anforderungen einer gesetzlichen AU-Bescheinigung. Arbeitgeber müssen eine Online-AU nicht anerkennen und können die Entgeltfortzahlung ablehnen. Die Arbeitsgerichte begründen dies damit, dass eine Arbeitsunfähigkeit so nicht hinreichend nachzuweisen ist. Arbeitgeber sollten Online-AU-Bescheinigungen nicht vorbehaltlos akzeptieren, diese kritisch hinterfragen – welches Portal hat die Bescheinigung ausgestellt und gab es einen persönlichen APK – und auf den möglichen Entfall des Entgeltfortzahlungsanspruches hinweisen.

HINWEIS

Mit einer AU-Bescheinigung, die in der Arztpraxis ausgestellt wird, ist man auf der sicheren Seite, denn grundsätzlich werden diesen ein hoher Beweiswert vor Gericht zugeschrieben.

Wie erkennen Arbeitgeber eine Online-AU?
Eine Online-AU erkennt man am Übermittlungsvorgang, denn diese werden nicht von allen Anbietern elektronisch an die Krankenkassen übermittelt. Anbieter aus rechtlichen Grauzonen versenden die Online-AU in Papierform oder elektronisch als PDF-Datei zur Vorlage bei Arbeitgebern vorgelegt. Das kann ggf. zu Schwierigkeiten im Rahmen des Umlageverfahrens bei den Krankenkassen führen, da hier (zunächst) nur eAU erfasst werden. Hinzu kommt, dass sich die ausstellenden Ärzte oftmals weit vom Wohn- bzw. Arbeitsort der Patienten befinden – bundesweit oder sogar international. Manche Anbieter machen die Ausstellung einer Online-AU auch dadurch kenntlich, dass sie mit einem „elektronischen Stempel“ ausgewiesen wird, z. B. „Ausgestellt und signiert über TeleClinic“.


meditaxa Redaktion | Quelle: meditaxa-Mitglied drpa