14.11.2024
Zu vermeiden ist, dass Arbeitgeber die Investition in ihre Mitarbeiter im Falle einer Kündigung nach Abschluss der Fortbildung verlieren.
Zur Mitarbeitergewinnung und -bindung bieten Arbeitgeber vermehrt eine Beteiligung an Weiterbildungskosten an, um dem Fachkräftemangel entgegenwirken zu können. Zu vermeiden ist aber, dass Arbeitgeber diese Investition in ihre Mitarbeiter im Falle einer Kündigung nach Abschluss der Fortbildung verliert. Hierzu wird ein schriftlicher, individuell ausgestalteter Fortbildungsvertrag benötigt, mit dem sich Arbeitgeber in der Regel zur (teilweisen) Fortbildungskostenübernahme verpflichten und Arbeitnehmer im Gegenzug nach Abschluss der Fortbildung verpflichtend für eine bestimmte Zeit im Unternehmen bzw. der Praxis bleiben. Bei vorzeitigem Ausscheiden muss der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Ohne eine solche Rückzahlungsklausel sind Arbeitnehmer nicht zur Erstattung verpflichtet.
HINWEIS
Mit Auszubildenden darf eine Rückzahlungsvereinbarung nicht geschlossen werden.
Fortbildungskosten können nur zurückgefordert werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Vorteil der Fortbildung für den Arbeitnehmer:
Die Fortbildung muss dem Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil bringen – eine höhere Vergütung oder bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt – und die erworbenen Kenntnisse müssen auch außerhalb des aktuellen Arbeitsverhältnisses nutzbar sein.
Angemessene Bindungsdauer:
Die Bindungsdauer nach Abschluss der Fortbildung darf nicht unangemessen lang sein. Sie muss im Verhältnis zur Dauer und Qualität der Qualifikation stehen. Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze entwickelt:
Lehrgangsdauer (Freistellung unter Fortzahlung) | Bindungsdauer |
Bis 1 Monat | Bis 6 Monate |
Bis 2 Monate | Bis 12 Monate |
3-4 Monate | Bis 24 Monate |
6-12 Monate | Bis 36 Monate |
Über 24 Monate | Bis 60 Monate |
Es handelt sich hier nur um Richtwerte, die je nach Qualität und Kosten der Ausbildung im Einzelfall abweichen können.
Zur Lehrgangsdauer:
Besteht die Fortbildung aus mehreren Unterrichtsabschnitten, so sind die dazwischenliegenden Zeiten bei der Berechnung der Dauer nicht mit zu berücksichtigen. Zur „Fortbildungsdauer“ nach der Tabelle zählen nur diejenigen Unterrichtstage, an denen Mitarbeiter zu diesem Zweck bezahlt freigestellt sind. Nehmen Mitarbeiter in ihrer Freizeit an Fortbildungen teil, oder erfolgt durch die Arbeitgeber eine Freistellung für die Dauer der Fortbildung ohne Fortzahlung der Bezüge, muss eine Einzelfallbetrachtung hinsichtlich einer möglichen Bindung stattfinden. Die Tabelle ist in solchen Fällen nicht anwendbar.
Grund für Beendigung:
Eine Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt nur in
Betracht bei:
Abbruch der Fortbildung:
Eine Rückforderung von Fortbildungskosten kommt weiterhin in Betracht, wenn Arbeitnehmer aus eigenem Verschulden
Das (wiederholte) Nichtbestehen der Abschlussprüfung berechtigt Arbeitgeber hingegen in der Regel nicht zur Rückforderung von Fortbildungskosten.
Transparente Kosten und reduzierte Rückzahlungspflicht:
Die Fortbildungskosten (inkl. Reise- und Unterbringungskosten soweit bekannt) müssen im Fortbildungsvertrag klar aufgeschlüsselt sein. Kündigen Arbeitnehmer während einer laufenden Fortbildung, müssen die gesamten Fortbildungskosten sowie die während der Freistellung fortgezahlte Vergütung zurückgezahlt werden. Nach dem Ende der Fortbildung müssen sich die zu erstattenden Kosten ratierlich reduzieren (BAG, Urteil 23.04.1986, 5 AZR 159/85). Es empfiehlt sich eine monatliche Reduzierung des zurückzuzahlenden Betrags.
BEISPIEL
Die Fortbildungskosten betragen 1.500,00 €; aufgrund der
Fortbildungsdauer kann die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter für 12
Monate vertraglich gebunden werden. Die Rückzahlungsverpflichtung
mindert sich für jeden vollen Monat des Fortbestands des
Arbeitsverhältnisses nach Abschluss der Fortbildung um 1/12 der
Gesamtkosten. Wird das Arbeitsverhältnis aus den genannten Gründen 4
Monate nach Abschluss der Fortbildung gelöst, müssen betroffene
Arbeitnehmer noch 1.000,00 € zurückzahlen, 10 Monate nach Abschluss der
Fortbildung beträgt die Rückzahlung nur noch 250,00 €.
WICHTIG
Die Anforderungen an eine wirksame Fortbildungsvereinbarung mit Rückzahlungsklausel sind hoch, es empfiehlt sich daher ausdrücklich die Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt. Auch muss die Fortbildungsvereinbarung zwingend vor Beginn der Fortbildung vertraglich vereinbart werden, um rechtlich bindend zu sein.
Quelle: meditaxa Redaktion/drpa