Geltung der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte auch für eine GmbH

01.11.2024

Ärzte und Zahnärzte können nicht etwa die Preise für ihre Leistungen selbst festlegen, sondern sind auch im privat(zahn)ärztlichen Bereich an die jeweilige Gebührenordnung gebunden. Hierbei handelt es sich um Rechtsverordnungen, die aufgrund gesetzlicher Ermächtigungen erlassen wurden, also um verbindliches Recht.


Diese gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, konkret § 11 Bundesärzteordnung und § 15 Zahnheilkundegesetz, erlauben es der Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen, die Mindest- und Höchstsätze für die (zahn-)ärztlichen Leistungen festlegen.

Nach den Gebührenordnungen selbst können zwar abweichende Vereinbarungen mit einzelnen Patienten getroffen werden, die Abweichung ist aber nur hinsichtlich des Faktors zulässig. Am Grundprinzip der Gebührenordnungen – der Abrechnung nach einzelnen Gebührenpositionen multipliziert mit Punktwert und Faktor – kann nicht gerüttelt werden. Insbesondere können Pauschalpreise für Leistungspakete nicht vereinbart werden. Damit können Ärzte und Zahnärzte weder günstige Pauschalpreise als Werbemaß­nahme zur Patientengewinnung nutzen, noch mit ihren Patienten eine Pauschale für eine komplexe oder neuartige Behandlung vereinbaren, die gar keine Nennung in der Gebührenordnung findet. Sie sind hier auf die ggf. analoge Abrechnung nach den Gebührenpositionen beschränkt. Auch eine Gewährung von Rabatten auf die in der GOÄ aufgeführten Preise für Leistungen ist nicht zulässig, da dies ein nicht vorgesehener Rechenschritt wäre.

Lange Zeit gab es durchaus prominente Stimmen in der Rechtswissenschaft, einschließlich diverser Gerichte, die die Geltung der Gebührenordnungen auf selbstständige Ärzte beschränkten. Wurde die Praxis in der Rechtsform einer sog. juristischen Person, z. B. als MVZ-GmbH betrieben, sollten nach dieser Rechtsauffassung die Gebührenordnungen nicht einschlägig sein. Dies hätte zur Folge, dass die dargestellten Restriktionen nicht gelten sollten: Eine MVZ-GmbH dürfte danach sehr wohl Pauschalpreise oder Rabatte bewerben und vereinbaren.

Diese Stimmen stützten ihre Auffassung vor allem auf die Formulierung in § 1 GOÄ bzw. § 1 GOZ, wonach sich (nur) die „beruflichen Leistungen der Ärzte bzw. Zahnärzte“ nach diesen Verordnungen richten. Bestünde der Behandlungsvertrag mit der Praxis- oder MVZ-GmbH, sei dies keine Leistung der (Zahn-)Ärzte, die abgerechnet würde. Vielmehr würde die GmbH die Behandlung leisten und sich hierfür angestellter (Zahn-)Ärzte bedienen. Diesem Verständnis folgte jüngst z. B. das Oberlandesgericht Frankfurt und hielt es für rechtens, dass sich eine GmbH, die ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der Behandlung mit medizinischem Cannabis vermittelte und gegenüber dem Patienten selbst abrechnete, nicht an die GOÄ hielt und Rabatte bewarb (Beschluss vom 21.09.2023, Az.: 6 W 69/23).
Dieser Auffassung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in seinem überzeugend begründeten Urteil vom 04.04.2024 (Az.: III ZR 38/23) eine definitive Absage erteilt. Darin urteilte Deutschlands höchstes Zivilgericht, dass die GOÄ selbstverständlich auf juristische Personen wie eine GmbH anwendbar sei. Entscheidend sei nur, dass es sich um ambulante Leistungen handelt, die durch Ärzte erbracht werden und die gegenüber Patienten abgerechnet werden. Die Ausführungen lassen sich hierbei so auch auf die GOZ übertragen.

Nach den Ausführungen des BGH verfolgt die GOÄ das Ziel, angemessene Einnahmen für die Leistungserbringer zu sichern und für die Patienten (sowie für die dahinterstehenden Kostenträger) eine unkontrollierbare und unzumutbare finanzielle Kostenbelastung zu verhindern. Es soll ein Ausgleich zwischen diesen Interessen durch die Mindest- und Höchstsätze gewährleistet werden. Nur weil die ärztliche Leistung durch eine GmbH erbracht wird, seien die Interessen der zur Zahlung verpflichteten Patienten nicht weniger schutzbedürftig und die Interessen der Abrechnenden nicht weniger regulierungsbedürftig. Ansonsten könnte das gesetzgeberische Ziel des dargestellten Interessenausgleichs ohne weiteres durch die Gründung einer GmbH umgangen werden. Nach alledem kann laut BGH „ausgeschlossen werden, dass die Liquidation ambulanter ärztlicher Leistungen, zu deren Erbringung sich nicht der Arzt selbst verpflichtete, sondern eine juristische Person (wie eine MVZ-GmbH), bei der der Arzt beschäftigt ist, unreguliert bleiben sollte“.

Die früher bestehenden Unklarheiten sind damit beseitigt und es besteht eine höchstrichterliche, argumentativ überzeugende
Klärung der Frage um die Gebührenordnungen und die GmbH. Es ist kein Unterschied, ob die Praxis von einer Ärztin oder einem Arzt allein, einer Berufsausübungsgemeinschaft oder als GmbH (ggf. von Investorenhand) betrieben wird. Alle, die ambulante ärztliche Leistungen gegenüber Patienten abrechnen, haben sich an die Vorgaben der GOÄ zu halten.


HINWEIS
Eine Ausnahme von der GOÄ und der GOZ lässt die Rechtsprechung des BGH allerdings dann zu, wenn Ärzte Konsiliarleistungen gegenüber Krankenhäusern erbringen. In diesem Fall können die Preise zwischen (Zahn-)Ärztin/Arzt und Krankenhaus frei verhandelt und vereinbart werden – auch ganz pauschal. Dies hat der BGH in einem anderen Urteil (Az.: III ZR 110/09) ebenfalls ausdrücklich entschieden.


Quelle: drpa