Rechtliche Konsequenzen bei altersdiskriminierender Personalführung

24.06.2024

Werden Bewerber oder Mitarbeiter wegen ihres Alters diskriminiert, liegt ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor und es können rechtliche Konsequenzen folgen. Generell sollten gut ausgebildete Bewerber, bzw. Mitarbeiter nicht aufgrund ihres Alters unterschiedlich behandelt werden.


Eine Studie, die im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführt wurde, ergab allerdings, dass Menschen regelmäßig auf Altersdiskriminierung im Arbeitsleben treffen. Auszug aus der Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes:

Einige Ergebnisse aus der bislang umfassendsten Studie („Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ von 2022, telefonische Befragung von 2.000 Personen ab 16 Jahren) über Altersbilder in der deutschen Gesellschaft:

  • 32 Prozent stimmen der Aussage zu, dass alte Menschen „Platz machen“ sollten für die jüngere Generation, indem sie wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen aufgeben.
  • 51 Prozent sind für eine Regelung, wonach „Menschen nur bis zu einem bestimmten Alter, wie etwa bis 70 Jahre, politische Ämter haben dürfen“.
  • 53 Prozent sagen, ältere Menschen trügen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt bei.
  • 40 Prozent sagen, dass junge Menschen von alten Menschen bei der Bewältigung des Klimawandels im Stich gelassen werden. Unter den jüngsten Befragten sagten das 63 Prozent.
  • 74 Prozent überschätzen den Anteil der älteren Menschen über 70 Jahre in der Bevölkerung erheblich. Am häufigsten wurde er auf 30 Prozent geschätzt, obwohl er bei rund 18 Prozent liegt.

Altersdiskriminierung ist in mehrfacher Hinsicht problematisch – der Wirtschaft fehlt mit dem Ausscheiden Älterer aus dem Berufsleben wertvolles Wissen und Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter nach Alterskriterien auswählen, verstoßen gegen das AGG, sofern nicht ein nachweislich zwingender Grund für eine Stellenbesetzung nach Alter vorliegt, und müssen bei Klagen mit einem Reputationsverlust sowie ggf. auch mit finanziellen Konsequenzen rechnen. Erfahren Bewerber oder Mitarbeiter eine altersbedingte Ungleichbehandlung und werden dadurch nachweislich benachteiligt und geschädigt, können sie eine Entschädigung verlangen.

HINWEIS

Arbeitgeber müssen grundsätzlich auf ein diskriminierungsfreies Umfeld achten, um sich auch vor sog. AGG-Hoppern zu schützen. Diese bewerben sich bewusst auf vermeintlich, bzw. tatsächlich diskriminierende Stellenanzeigen, um bei einer Ablehnung zu klagen.

Arbeitgeber können sich bei Unsicherheiten zur Altersdiskriminierung an folgenden drei Urteilen orientieren:

„Junges Team sucht“, Urteil vom 17.10.2023, Az. 2 Sa 61/23: Ein Arbeitgeber suchte über eine Stellenanzeige für sein „junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut“ Verstärkung. Ein 50-jähriger Bewerber klagte, weil er sich aufgrund der Formulierung wegen seines Alters „ausgeschlossen“ fühlte. Die Klage hatte weder in der ersten, noch in der zweiten Instanz Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern entschied zu Gunsten des Arbeitgebers und folgte der Verteidigungsargumentation, dass sich die Formulierung der Anzeige auf das Alter des bereits bestehenden Teams (neun Mitarbeiter im Alter zw. 19 und 67 Jahren) und nicht auf das Alter möglicher Bewerber bezog. Die Formulierung „Junges Team sucht…“ ist generell kritisch zu betrachten, da sie im Einzelfall zu Entschädigungsforderungen von abgewiesenen Bewerbern führen kann, laut LAG reicht es aber nicht für eine Schadenersatzbegründung aus. Vor allem nicht, wenn die weiteren Anforderungen an Bewerber innerhalb der Stellenanzeige klar und sachlich formuliert sind.

„Konzept 60 plus“, Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 24.06.2014, Az. 8 AZR 677/14: Ein Konzern formulierte ein Angebot an bestimmte Mitarbeiter, dass diese mit einer Abfindung früher in den Ruhestand gehen können. Ein leitender Angestellter sah darin eine Altersdiskriminierung und klagte gegen seinen Arbeitgeber. Das vom Unternehmen an die Führungskräfte gerichtete Angebot „Konzept 60 plus“ beinhaltete die Möglichkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis zu beenden und dafür im Gegenzug eine Abfindung zu erhalten. Der klagende Angestellte forderte daraufhin 80.000 Euro Schadenersatz. Da das Angebot den Führungskräften als zusätzliche Option angeboten wurde und ein echtes Wahlrecht einräumte, ob sie früher ausscheiden oder bis zum Regel-Rentenalter weiterarbeiten möchten, wies das BAG die Klage ab.

„Digital Natives gesucht“, Arbeitsgericht (AG) Heilbronn, Urteil vom 26.02.2024, Az. Ca 191/23: Ein Sportartikelhersteller wurde wegen der Beschreibung „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR, des Bewegtbilds (…) zu Hause.“ wegen Altersdiskriminierung von einem 1972 geborenen Bewerber verklagt. Das AG sah hier eine begründete Klage, denn die Formulierung „Digital Natives“ deute darauf hin, dass sich das Jobangebot an diejenigen richte, die im Kindesalter mit digitalen Medien konfrontiert wurden und alle, die vor 1980 geboren wurden, ausschließe. Die Altersdiskriminierung wog hier so stark, dass andere Beweggründe für die Ablehnung des Bewerbers keine Rolle spielten – der Kläger war als Wirtschaftsjurist für die Stelle überqualifiziert und hatte auch keinerlei Bezug zur Sportartikelbranche. Seiner Entschädigungsforderung in Höhe von fünf Monatsgehältern kam das Gericht nicht nach, er erhielt 1,5 Monatsgehälter (7.500 Euro).

Anhand der Beispiele ist es bei Unsicherheit ratsam, Stellenausschreibungen oder Ruhestandskonzepte ggf. von Anwälten prüfen zu lassen. Denn gerade wegen überspitzten, ironischen oder humorvollen Formulierungen, durch die man sich am Arbeitsmarkt von anderen abheben möchte, kann man sich schnell vor Gericht wiederfinden.

Meditaxa Redaktion | Quelle: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/aktuelles/DE/2022/20221215_studie_altersbilder.html