03. Mai 2022
Flüchtlinge aus der Ukraine beschäftigen
Viele hilfesuchende Menschen kommen aus der Ukraine nach Deutschland – häufig motiviert zu arbeiten und überwiegend schulisch und beruflich sehr gut qualifiziert.
Abgesehen von Geld- und Sachspenden ist es eine große Hilfe für diese Menschen, ihnen eine Beschäftigung anzubieten und aufgrund ihrer Qualifikationen auch eine Bereicherung für Unternehmen, Betriebe und Praxen, diese Personen einzustellen. Was es dabei zu beachten gibt: Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Qualifizierungsangeboten und Sprachkurse.
Foto:© bnenin / AdobeStock
Die derzeitige Fluchtbewegung unterscheidet sich von vorangegangenen, nicht nur in ihrer Dimension. Erstmals wurde die EU-Massenzustrom-Richtlinie in Kraft gesetzt. Dadurch können die geflüchteten Menschen aus der Ukraine viel leichter einreisen und arbeiten.
Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis: Menschen, die seit dem 24.02.2022 aus der Ukraine geflohen sind, dürfen ohne Visum und Aufenthaltstitel einreisen – diese Regelung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung gilt aktuell bis zum 23.05.2022. Innerhalb dieser Zeit ist der Aufenthalt in Deutschland legal, Geflüchtete dürfen allerdings noch nicht arbeiten. Vielmehr soll innerhalb dieser Frist der reguläre Aufenthaltstitel beantragt werden. Der Antrag muss bei der Ausländerbehörde am neuen Wohnsitz gestellt werden, bei der sich die Flüchtlinge registrieren müssen. Bereits bei der Registrierung erhalten die Antragsteller eine Bescheinigung als Nachweis des vorläufigen Aufenthaltsrechts. Diese Fiktionsbescheinigung beinhaltet in der Regel eine Arbeitserlaubnis. Wer Geflüchtete aus der Ukraine einstellt, braucht als Nachweis der Arbeitserlaubnis lediglich diese Fiktionsbescheinigung oder einen Aufenthaltstitel, der eine Erwerbstätigkeit zulässt. Eine Kopie davon ist zu den Personalakten zu nehmen. Eine separate Arbeitserlaubnis ist nicht erforderlich.
Arbeitsrecht: Die mit in Deutschland wohnhaften ukrainischen Flüchtlingen geschlossenen Arbeitsverträge unterliegen in der Regel keinen Besonderheiten. Es gilt deutsches Arbeitsrecht, es sind z. B. die Gesetze zu Arbeitszeit, Mindestlohn, Arbeitssicherheit sowie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Unterlagen, die belegen, dass eine Arbeitsberechtigung besteht, sind nachzuweisen.
Steuern und Sozialversicherung: Die Beschäftigungsverhältnisse mit ukrainischen Geflüchteten unterliegen keinen Besonderheiten hinsichtlich Lohnsteuer und Sozialversicherung. Bei der Anmeldung der Arbeitnehmer liegt die für den Abruf der ELSTAM-Daten benötigte steuerliche Identifikationsnummer anfangs nicht vor. Die Nummer wird erst erteilt, wenn Geflüchtete bei der Meldebehörde angemeldet sind. Hat die Meldebehörde keine Identifikationsnummer zugeteilt, kann sie beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden.
Es gelten auch die allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Regeln. Besteht danach Versicherungspflicht, sind die Geflüchteten Mitglieder der Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Es sind die gleichen Kranken-, Pflege,- Renten,- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu zahlen. Auch bei den Umlagen zur Entgeltfortzahlungsversicherung, der Insolvenzgeldumlage und den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung gelten keine Besonderheiten. Bei der Anmeldung Geflüchteter wird es häufig noch keine deutsche Sozialversicherungsnummer geben. Daher muss diese bei der Rentenversicherung beantragt werden. Dazu werden Geburtsname, -ort und -land benötigt. Die Deutsche Rentenversicherung meldet die neue Sozialversicherung durch die Einzugsstelle an die Arbeitgeber zurück.
Die Agentur für Arbeit ist neben spezialisierten Anbietern und Portalen ein guter Ansprechpartner, um ukrainische Flüchtlinge an potenzielle Arbeitgeber zu vermitteln. Besteht in Ihrer Praxis Bedarf – oder Sie wollen nachhaltig helfen – können Sie mit Hilfe der Agentur für Arbeit oder den Plattformen prüfen, ob es spezielle Vermittlungsstellen im medizinischen Bereich gibt. Informationen dazu findet man auch auf den Websites von Kammern und Branchenverbänden.
Ein für beide Seiten erfolgreiches Arbeitsverhältnis setzt voraus, dass die neuen Mitarbeitenden von Anfang an gut ins Team und die Arbeitsabläufe eingebunden werden. Vor Arbeitsbeginn sollten bereits Integrationsmöglichkeiten für Mitarbeiter ausgearbeitet sein. Netzwerke mit anderen Betrieben, die schon Erfahrungen mit der Integration von geflüchteten Menschen haben, können hierbei unterstützen. Wichtig ist die Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse, beispielsweise mit Sprachlerntools sowie Sprach- und Integrationskursen oder, wenn es die Kapazitäten erlauben, stellt man den Flüchtlingen Sprachpaten zur Seite, die gezielt Arbeitsbegrifflichkeiten vermitteln. Die aktive Unterstützung bei der Suche nach Unterkünften für Mitarbeitende sowie ggf. Hilfe bei der Suche nach Kinderbetreuungsangeboten führt auch zu einer guten Integration.
meditaxa Redaktion
INITIATIVEN UND DIGITALE ANGEBOTE
Germany4Ukraine: Das durch das Bundesministerium des Inneren und für Heimat
betriebene Portal bietet Informationen zu Arbeit und Soziales, medizinische Versorgung,
Unterkunft und Sprachlernkurse auf Deutsch, Englisch,
Ukrainisch und Russisch: www.germany4ukraine.de/hilfeportal-de/basisinformationen
Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge: Eine Initiative des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Es bietet neben Informationen insbesondere Erfahrungsaustausch mit Betrieben verschiedener
Branchen, die bereits Flüchtlinge beschäftigen.
Die Mitgliedschaft ist kostenlos: www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de/
Bundesagentur für Arbeit: Einen Überblick zu den Rahmenbedingungen und insbesondere
Hinweise auf Sprach- und Integrationskurse sowie die Anerkennung von Berufsabschlüssen
bietet die Bundesagentur für Arbeit: www.arbeitsagentur.de/ukraine
Job Aid for Ukrainian Refugees: Das auf Englisch und Ukrainisch verfügbare Portal wird von
der Initiative „Händler helfen Händlern“ betrieben.
Dort können Stellenangebote veröffentlicht werden: www.jobaidukraine.com/information-for-employers
Netzwerk Integration durch Qualifizierung: Das durch das Ministerium für Arbeit und Soziales
und den Europäischen Sozialfonds geförderte und durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung sowie der Bundesagentur für Arbeit etablierte Netzwerk unterstützt in den Bereichen
Anerkennung von Berufsabschlüssen, Qualifizierung und interkulturelle Kompetenzen.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden Maßnahmen zur Integration von Fachkräften:
www.netzwerk-iq.de/foerderprogramm-iq/programmuebersicht