Ein Plus an Bürokratie

Auch auf Praxisinhaber kommt im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes, das am 20.05.2022 vom Bundesrat gebilligt wurde, ein höherer bürokratischer Aufwand zu:

Die Energiepreispauschale (EPP) kommt einmalig zum 01.09.2022 und die Erhöhung des Grundfreibetrags und Arbeitnehmer-Pauschbetrags sorgen dafür, dass die Lohnabrechnungen vom 01.01.2022 rückwirkend zu korrigieren sind.


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Erhöhung des Grundfreibetrags und AN-Pauschbetrags

Innerhalb des Steuerentlastungsgesetzes 2022 wurde

  • der Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG) von bisher 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben (entspricht einer Erhöhung um 363 Euro).
  • Gleichermaßen erhöht sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, kurz AN-Pauschbetrag, (§ 9a Nr. 1 Buchst. a) EStG) von 1.000 Euro auf 1.200 Euro (entspricht einer Erhöhung um 200 Euro).

Beide Änderungen gelten rückwirkend ab dem 01.01.2022. Für Praxisinhaber bedeuten die Erhöhungen, dass die bei den Arbeitnehmern bisher abgezogene Lohnsteuer zu hoch war und ihnen entsprechend zu wenig Nettogehalt ausgezahlt wurde. Demnach hätten seit dem 01.01.2022 weitere 47 Euro ohne Abzüge ausgezahlt werden müssen (363 Euro + 200 Euro
= 563 Euro/12 Monate).

Die bisher, ab dem 01.01.2022, ausgestellten Lohnabrechnungen sind damit fehlerhaft und müssen korrigiert werden. Zwar gilt nach § 41c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, dass Arbeitgeber berechtigt sind, bei der nächsten Lohnzahlung bisher erhobene Lohnsteuer zu erstatten, wenn erkannt wird, dass die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten wurde (z. B. bei rückwirkenden Gesetzesänderungen). Er könnte also auch auf eine Korrektur verzichten und der Arbeitnehmer müsste sich die zu viel einbehaltenen Steuern über seine eigene Einkommensteuererklärung zurückholen.


HINWEIS

Arbeitgeber sind regelmäßig zu einer rückwirkenden Korrektur der Lohnabrechnung verpflichtet. Das ist immer dann der Fall, wenn Arbeitgebern eine Korrektur wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 S. 2 EStG), bspw. wenn die Lohnabrechnung maschinell vorgenommen wird und das Lohnabrechnungsprogramm rückwirkende Neuberechnungen vorsieht und ermöglicht. Praxisinhaber haben somit die Lohnsteuer für alle Arbeitnehmer seit Januar 2022 entweder neu zu berechnen oder eine Differenzberechnung vorzunehmen. Die zu viel einbehaltenen Steuern werden dem Arbeitnehmer erstattet und die Lohnsteueranmeldungen korrigiert.
Bei zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnissen, für die die Lohnsteuerbescheinigungen der betroffenen Arbeitnehmer bereits übermittelt wurden, ist eine Korrektur nach §41c Abs. 3 EStG nicht mehr zulässig.

Energiepreispauschale (EPP): 300 Euro im September 2022

Im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 2022 ist vorgesehen, dass jede aktiv tätige Erwerbsperson eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhält. Anspruchsberechtigt sind unbeschränkt Steuerpflichtige, wenn sie zumindest zeitweise im Jahr 2022 in einem aktiven Arbeitsverhältnis stehen (z. B. Vollzeit- und Teilzeitkräfte, Auszubildende und Minijobber). Ebenfalls sind alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen mit Gewinneinkünften (§§ 13, 15 und 18 Einkommensteuergesetz, EStG) anspruchsberechtigt. Deshalb erhält auch der Praxisinhaber die Pauschale. Eine Beteiligung an einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) reicht aus.

Nicht begünstigt sind Steuerpflichtige, die 2022 ausschließlich Renteneinkünfte, Kapitalerträge oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen sowie Schüler und Studenten.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Wer im Jahr 2022 zumindest zeitweise eine Nebentätigkeit der begünstigten Tätigkeiten ausübt, z. B. einen kurzfristigen Minijob oder eine kurzfristige gewerbliche Tätigkeit, profitiert auch von der EPP. Bei allen Minijobbern müssen Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern schriftlich bestätigen, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt.

Auszahlung der EPP durch den Arbeitgeber
Arbeitnehmern wird die Energiepreispauschale von ihrem Arbeitgeber ausgezahlt (§ 117 EStG), wenn sie am 01.09.2022:

  • in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen,
  • in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind und
  • der Arbeitgeber monatlich, quartalsweise oder jährlich Lohnsteueranmeldungen abgeben muss.

HINWEIS

Arbeitgeber müssen zum 01.09.2022 überprüfen, bei welchen Angestellten es sich um das erste Dienstverhältnis mit einer der Steuerklassen 1 bis 5 handelt. Diesen Beschäftigten muss die Pauschale über den Arbeitslohn ausgezahlt werden.
Arbeitnehmer, die vor dem 01.09.2022 die Praxis verlassen haben oder erst danach eingestellt wurden, bleiben von der Auszahlung unberücksichtigt. Dies soll eine mehrfache Inanspruchnahme verhindern.
Steuerberater-Mandate: Für die korrekte Lohnabrechnung September ist es notwendig, Ihren Steuerberater darüber zu informieren, auf welche Mitarbeiter die entsprechenden Kriterien für die Auszahlung der EPP zutreffen.

Die Lohnabrechnung im September 2022
Auf den Lohnabrechnungen für den Monat September 2022 wird den Arbeitnehmern, die Anspruch auf die EPP haben, die Pauschale von 300 Euro auf den Arbeitslohn hinzugerechnet. Dabei ist zu beachten, dass die Pauschale kraft gesetzlicher Fiktion (§ 119 Abs. 1 EStG) steuerpflichtigen Arbeitslohn, aber kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt darstellt. Die Arbeitnehmer erhalten die Pauschale von 300 Euro also brutto. Zudem ist auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung – ausgenommen sind die Lohnbescheinigungen für Minijobs – der Großbuchstabe „E“ anzugeben.

Beispiel: Eine angestellte Ärztin A (Steuerklasse I) erhält für den Monat September 2022 regulär einen Bruttoarbeitslohn von 2.800 Euro. Der Praxisinhaber B muss die Energiepreispauschale von 300 Euro bei der Lohnabrechnung hinzurechnen, der Bruttoarbeitslohn erhöht sich auf 3.100 Euro. Hiervon werden Steuern einbehalten. Auf den regulären Arbeitslohn von 2.800 Euro sind die entfallenden Sozialabgaben zu zahlen. Der Nettolohn zzgl. Netto-EPP werden A ausgezahlt.
Bei der Lohnabrechnung von Minijobber C hingegen gilt die gesetzliche Fiktion zur Steuerpflicht nicht: C erhält die EPP ohne Abzüge „brutto wie netto“ und sie wird auch nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet.

Finanzielle Belastung für Praxisinhaber?
Praxisinhaber zahlen die EPP zwar an ihre Angestellten aus, sie haben aber gemäß § 117 Abs. 2 EStG die Energiepreispauschale dem Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnsteuer zu entnehmen:

  • Monatszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.09.2022 anzumelden und abzuführen ist.

Beispiel: Praxisinhaberin D zahlt ihrem fünfköpfigen Praxis-Team am 03.09.2022 den Lohn mit der EPP aus. Die Bruttolöhne erhöhen sich entsprechend um 1.500 Euro. Zum 10.09.2022 muss sie eine Lohnsteuer von bspw. 5.100 Euro bei ihrem Finanzamt anmelden und abführen. Um von der EPP nicht belastet zu werden, reduziert D die am 10.09.2022 für August anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer um 1.500 Euro (5 x 300 Euro) und zahlt lediglich 3.600 Euro Lohnsteuer an das Finanzamt. Ergibt sich bei der Anrechnung ein negativer Betrag, erhält D eine Lohnsteuererstattung und meldet die Lohnsteuer für September, inkl. EPP, zum 10.10.2022 an.

  • Quartalszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.10.2022 anzumelden und abzuführen ist. Die Pauschale ist bei Quartalszahlern mit dem Oktobergehalt auszuzahlen.
  • Jahreszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.01.2023 anzumelden und abzuführen ist.

EPP für Praxisinhaber
Bei anderen Steuerpflichtigen wird die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuer-Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2022 festgesetzt, d. h., die Pauschale wird auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet und ein möglicher Erstattungsbetrag wird ausgezahlt. Ein Antrag muss nicht gestellt werden.
Einkommensteuer-Vorauszahlungen zum 10.09.2022 werden um die Pauschale – ggf. bis auf 0,00 Euro – gemindert. Bei Gewerbetreibenden, Selbständigen – so auch bei Praxisinhaberinnen und -inhabern – usw. gehört die Pauschale 2022 zu den steuerpflichtigen sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG.


HINWEIS

FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“: Das Bundesministerium der Finanzen hat mit den obersten Finanzbehörden der Länder FAQs zur Energiepreispauschale (EPP) abgestimmt. Es werden Fragen beantwortet u. a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht.

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