08. Nov 2022
Honorarrückforderung wegen unzureichendem Vertretungsgrund?
Niedergelassene Ärzte dürfen sich krankheitsbedingt, bei Urlaub, Fortbildungen oder Wehrübungen von einem anderen Arzt vertreten lassen. Ob das auch gilt, wenn es sich bei dem Vertretungsgrund um einen ehrenamtlichen Einsatz handelt – etwa für „Ärzte ohne Grenzen“ oder das Deutsche Rote Kreuz (DRK) – musste das Sozialgericht München (SG) bewerten.
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Im konkreten Fall ließ sich ein Arzt über mehrere Jahre an insgesamt 300
Tagen von einem Kollegen vertreten. Er war in dieser Zeit für das DRK
und den ADAC tätig und betreute Patienten bei der Rückreise per Flugzeug
aus dem Ausland. Er erhielt eine Vergütung von durchschnittlich 54 Euro
pro Stunde. Der Arzt hatte die Vertretung aber nicht bei der
kassenärztlichen Vereinigung (KV) vorab genehmigen lassen.
Die KV
warf ihm vor, Leistungen seines Vertreters abgerechnet zu haben, obwohl
kein Vertretungsgrund i. S. d. § 32 der Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV)
vorgelegen habe und verlangte einen Teil des Honorars zurück. Das SG gab
der Klage des Arztes gegen die Honorarrückforderung überwiegend
statt. Der Arzt habe sich wirksam vertreten lassen. Das Honorar, das die
Vertretung erarbeitet hatte, müsse dementsprechend von der KV bezahlt
werden. Das SG führte an, dass die Vertretungsgründe in § 32 Ärzte-ZV
nicht abschließend aufgezählt seien. Grundsätzlich müssen Ärzte die
erforderliche Leistung persönlich erbringen, weshalb weitere
Vertretungsgründe eher als Ausnahmefälle gelten. Ehrenamtliche
Tätigkeiten, die primär nicht gewinnorientiert sind, zählen aber dazu.
Bei einer Größenordnung von durchschnittlich 54 Euro pro Stunde sei
nicht von einer Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht auszugehen,
sondern von einer Tätigkeit mit Vergütung, die aber einer ehrenamtlichen
Tätigkeit nahesteht.
Quelle: SG München, Urteil vom 02.06.2022 – S 38 KA 125/19
Liegt ein Vertretungsgrund vor, der nicht in § 32 Ärzte-ZV aufgeführt ist, sollte vorab die Genehmigung bei der KV beantragt werden, um mögliche Rechtstreitigkeiten zu vermeiden. Alternativ kann auch schon die Nachfrage bei der örtlichen KV nach der Rechtmäßigkeit der Vertretung (schriftlich, z. B. auch per E-Mail), Abhilfe schaffen.