Veranlagung: Gemeinsam oder getrennt?

09. Nov 2021

In bestimmten Konstellationen kann es sich für Paare lohnen, dass jeder Partner eine eigene Steuererklärung abgibt, demnach wäre statt der üblichen Zusammenveranlagung für sie eine Einzelveranlagung günstiger. In Corona-Zeiten stellt sich diese Frage mehr Paaren. Beispiel: Erhält ein Partner lange Kurzarbeitergeld, kann eine Einzelveranlagung vorteilhaft sein. Allerdings: Ohne Zusammenveranlagung geht der sogenannte Splittingtarif verloren. Bei diesem wird das gemeinsam zu versteuernde Einkommen so geteilt, als ob jeder Partner die Hälfte  erwirtschaftet hätte. Die Steuerschuld ist dann in der Regel niedriger als bei der Einzelveranlagung. Der Splittingtarif lohnt sich am meisten für Paare, bei denen nur einer verdient. Ist das Einkommen dagegen sehr ausgeglichen, kann sich in den folgenden Konstellationen eine Einzelveranlagung lohnen:

Hohe Lohnersatzleistungen: Für Einkünfte wie Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Elterngeld und Krankengeld gilt der „Progressionsvorbehalt“. Für sie fällt keine Steuer an, sie erhöhen aber den Steuersatz für alle anderen zu versteuernden Einkünfte. Veranlagt sich ein Paar zusammen, muss auch der Partner ohne Lohnersatzleistungen mehr Steuern zahlen.


HINWEIS

Sind Progressionseinkünfte plus steuerpflichtiges Einkommen eines Partners höher als das steuerpflichtige Einkommen des anderen, lohnt sich die Einzelveranlagung oft. Ist die Differenz der Einkommen aber zu groß, überwiegt der Splittingvorteil.

Auslandseinkünfte: Die meisten Einkünfte aus dem Ausland sind in Deutschland nicht steuerpflichtig, unterliegen aber in der Regel dem Progressionsvorbehalt. Arbeitet ein Partner im Ausland, kann sich die Einzelveranlagung lohnen.
Verlust: Ebenfalls sinnvoll kann die Einzelveranlagung sein, wenn einer der beiden steuerlichen Verlust erzielt – etwa als Unternehmer. Lassen sich die Partner im Jahr des Verlusts zusammenveranlagen, verrechnet das Finanzamt den Verlust eines  Partners direkt mit den Einkünften des anderen. Besonders wenn diese nicht sehr hoch sind, fällt die Steuerersparnis gering aus. Wählt das Paar dagegen die Einzelveranlagung, kann es den Verlust in ein anderes Steuerjahr übertragen – entweder in das nachfolgende oder das vorhergehende – selbst wenn der Bescheid schon bestandskräftig ist. Im Folgejahr veranlagt sich das Paar wieder zusammen. Haben beide ein positives Einkommen, kann eine deutlich höhere Steuerersparnis herauskommen.

Fünftelregelung: Erhält ein Partner eine Abfindung, bzw. Lohn für eine mehrjährige Tätigkeit, gibt es für diese Einkünfte eine alternative Besteuerungsmethode: die Fünftelregelung. Hier ist der Steuervorteil umso höher, je größer der Unterschied zwischen der Einmalzahlung und dem laufenden Einkommen ist. Bei gemeinsamer Veranlagung wird auch das laufende Einkommen des Partners berücksichtigt. Hier würde die Fünftelregelung weniger Steuerersparnis bringen und eine Einzel­veranlagung lohnt sich eher – vor allem, wenn der Partner neben dieser Einmalzahlung kaum weitere Einkünfte hat und sein Partner über ein beständig hohes Einkommen verfügt.

Außergewöhnliche Belastungen: Bevor sich Krankheits­kosten steuerlich auswirken, zieht das Finanzamt die zumutbare Belastung ab. Dieser individuelle Betrag steigt mit dem Einkommen. Veranlagt sich das Paar zusammen, wird bei der Berechnung der zumutbaren Belastung das Einkommen der Partner zusammengezählt − bei der Einzelveranlagung nicht. Daher kann sich die Einzelveranlagung manchmal lohnen,  wenn die Kosten eines Partners über seiner individuellen  Grenze liegen, aber unter der Grenze, die sich aus dem  Gesamteinkommen des Paares ergibt.

Nebeneinkünfte: Nichtselbstständige müssen auf Nebeneinkünfte unter 410 Euro im Jahr keine Steuern zahlen. Bis zu  820 Euro Nebenverdienst gilt mit dem sogenannten Härteausgleich ein reduzierter Steuersatz. Ein zusammenveranlagtes Paar bekommt diese Steuerermäßigung nur einmal. Veranlagen sich die Partner getrennt, kann jeder seinen eigenen Höchstbetrag ausnutzen. Haben beide Nebeneinkünfte, kann sich vor allem für Ruheständler die Einzelveranlagung lohnen.

Je nachdem, was für eine Konstellation in der Partnerschaft vorliegt, sollte eine Einzelveranlagung in Erwägung gezogen und mit der Steuerberaterin oder dem Steuerberater durchgesprochen werden. Man kommt zumindest nicht um das „Durchrechnen“ herum, um richtig auszuloten, wann die Einzel- oder Zusammenveranlagung Sinn ergibt. Der Aufwand lohnt sich oft nur für eine Minderheit – die Mehrheit aller Paare fährt mit der üblichen Zusammenveranlagung besser. Lohnt sich die Einzelveranlagung, gilt das oft auch nur in einem Jahr. Im folgenden Jahr kann die individuelle Situation völlig anders aussehen.

meditaxa Redaktion
Foto: © lookstudio / Freepik

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